Unter dem Existenzminimum

Studie warnt vor wachsendem Armutsrisiko kinderreicher Familien

Für Familien mit drei und mehr Kindern ist in den vergangenen Jahren das Armutsrisiko offenbar größer geworden. Das zeigt eine Untersuchung im Auftrag des Familienbunds der Katholiken und des Deutschen Familienverbands. Grund für diese Entwicklung sei unter anderem die Belastung mit Steuern und Abgaben, die selbst für Familien mit einem mittleren Jahreseinkommen zwischen 30.000 bis 50.000 Euro brutto schon relativ hoch sei. Zieht man vom Nettoeinkommen das gesetzlich garantierte Existenzminimum von Eltern und Kindern ab, dann rutschen viele Familien sehr schnell in die roten Zahlen.

Den Berechnungen zufolge liegt das Einkommen einer Familie, die brutto 35.000 Euro im Jahr verdiene und zwei Kinder habe, nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern monatlich 232 Euro unter dem Existenzminimum. Im Gesamtjahr summiere sich dieses Minus auf 2.779 Euro. Für Familien mit fünf Kindern addiere sich der Fehlbetrag sogar auf 17.839 Euro.

Vor fünf Jahren fiel das Jahresminus für Familien mit zwei Kindern und 35.000 Euro Jahreseinkommen laut der Studie noch deutlich niedriger aus: Es lag bei 807 Euro. Familien mit fünf Kindern verdienten damals netto 14.391 Euro weniger als das Existenzminimum.

Die Entwicklung resultiert allerdings auch aus dem gewachsenen gesetzlichen Existenzminimum. Es sieht vor, dass dem Einkommensteuerpflichtigen netto genug Geld übrig bleibt, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu bestreiten. Maßstab für die Berechnung des Betrags, der bei der Lohnsteuer als Freibetrag eingesetzt wird, ist das sozialhilferechtlich definierte Existenzminimum. Derzeit liegt es für Erwachsene bei 9.168 Euro, für Kinder beträgt es 7.620 Euro.

Familienbund und Familienverband empfinden diesen Betrag angesichts der von ihnen erhobenen Zahlen als zu gering. Sie fordern außerdem: „Das Existenzminimum eines Kindes muss gleich hoch angesetzt werden wie das eines Erwachsenen.“ Familien im „roten Bereich“ könnten nur leben, weil sie jeden Cent dreimal umdrehten. Die betroffenen Familien wichen in schlechtere Wohnlagen aus, schränkten sich im Konsum ein und verzichteten auf eine zusätzliche Altersvorsorge.

Das Kindergeld ist nach Ansicht der Verbände keine echte Wiedergutmachung. Es habe nach Paragraf 31 Einkommensteuergesetz die Aufgabe, die verfassungswidrige Besteuerung für Menschen mit Kindern zu korrigieren. Der Transfer sei also eine Rückzahlung von zu viel und zu Unrecht eingenommener Lohnsteuer. Nur jener Anteil des Kindergelds, der die zu viel einbehaltene Lohnsteuer übersteige, stelle eine echte Förderung für die Familien dar.

KNA

24.04.2019 - Deutschland , Familie , Gesellschaft