Kaum Anerkennung

Syrischer Politologe sieht Nahost-Christentum gefährdet

Nationalismus und ein intoleranter Islam gefährden nach Einschätzung des syrischstämmigen Politologen Joseph Yacoub die christliche Präsenz im Nahen Osten. „Wenn der orientalische Christ in seiner kulturellen und sprachlichen Identität anerkannt würde, würde ihn dies beruhigen und seine Integration in den regionalen Schmelztiegel erleichtern“, sagte er im Interview der libanesischen Tageszeitung „L'Orient le jour“ (Montag). In seinem jüngsten Buch „Bedrohte Minderheit“ nennt Yacoub den arabischen Nationalismus neben dem Islamismus eine der größten Herausforderungen für die Christen der Region.

Der Nahe Osten, zu dem das Christentum als authentische Religion gehöre, sei nicht erst durch die arabisch-muslimische Eroberung entstanden, sondern umfasse die phönizische, mesopotamische, christlich-syrische wie persische Zeit. Sein Erbe bestehe aus der muslimisch-arabischen und der christlich-syrischen Tradition, die sich gegenseitig ergänzten, so Yacoub. Neben den schmerzhaften aktuellen Ereignissen durch Krieg und Konflikte liege im Ausschluss dieser christlich-syrischen Tradition die aktuelle Tragödie der Nahostchristen.

Mit Ausnahme des Libanon leide die Region unter einem Mangel an Freiheit und Anerkennung von Diversität, so Yacoub gegenüber der Zeitung. Die mehr als 5000-jährige Geschichte der Region sei reich an zivilisatorischer, kultureller und religiöser Vielfalt und dürfe nicht auf die arabisch-muslimische Zivilisation reduziert werden. Konkret fordert der Politologe die Integration dieser Vielfalt in die Verfassungen der jeweiligen Länder, darunter die Gleichberechtigung des Christentums mit dem Islam.

KNA

19.06.2018 - Ausland , Diskriminierung