Die EU muss nach den Worten von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über eine allgemeine Corona-Impfpflicht nachdenken. Die Diskussion darüber sei "angebracht" und müsse geführt werden, sagte sie vor Journalisten in Brüssel.
Aktuell seien 77 Prozent der Erwachsenen oder 66 Prozent aller Personen in der EU geimpft. "Das heißt, ein Drittel der europäischen Bevölkerung ist nicht geimpft, das sind 150 Millionen Menschen. Das ist eine Menge", sagte von der Leyen.
Vor zwei bis drei Jahren habe sie sich nicht vorstellen können, dass es eine "schreckliche Pandemie" und gleichzeitig lebensrettende Impfstoffe gebe, die aber nicht entsprechend genutzt würden. Dies bringe enorme Gesundheitskosten mit sich, sagte die EU-Kommissionspräsidentin.
Nicht jeder könne geimpft werden, beispielsweise Kleinkinder oder Personen mit bestimmten medizinischen Voraussetzungen, aber die große Mehrheit könne es. Daher sei es "verständlich und angebracht", in der EU über eine Ermutigung zum Impfen und die Möglichkeit verpflichtender Immunisierungen nachzudenken. "Das braucht Diskussion, das braucht ein gemeinsames Vorgehen, aber die Diskussion muss geführt werden", sagte von der Leyen.
Sie betonte zugleich, Impf-Regeln fielen ausschließlich in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. "Es steht mir nicht zu, irgendwelche Empfehlungen zu geben", sagte sie.
Mit Blick auf die neue Omikron-Variante riet von der Leyen zu Vorsicht. "Weil ich Medizinerin bin, habe ich einen Höllenrespekt vor der Wissenschaft", sagte sie. Von ihr konsultierte Experten benötigten nach eigenem Bekunden noch zwei bis drei Wochen, um die Risiken der neuen Variante besser einschätzen zu können. Dies sei "in normalen Zeiten eine kurze Frist, in Pandemiezeiten ist es eine Ewigkeit". Bis auf Weiteres seien Impfen und Auffrischimpfungen, Abstand und Kontaktnachverfolgung oberstes Gebot. "Das Beste hoffen, auf das Schlimmste vorbereiten", mahnte sie.
KNA