Wer sich in Südpolen auf die Spuren des heiligen Johannes Paul II. begibt, der sollte einen Besuch in zwei nahe beieinander liegenden Orten etwa eine Autostunde südwestlich seiner ehemaligen Bischofsstadt nicht versäumen. Um kurz nach acht Uhr bereits sitzen wir heute bei kühlem und bewölktem Wetter im Bus. Und wenn vielleicht der gestrige Tag mehr den Charakter einer touristischen Visite hatte, so finde ich mich heute schon am frühen Morgen mitten in einer Wallfahrt wieder. Bischof Bertram lädt uns am Mikrofon zum Morgenlob ein und stimmt mit kräftiger Stimme an: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren.“
Der Wallfahrtsort Kalwaria Zebrzydowska – das „Sanktuarium der Gottesmutter“
Unser erstes Ziel ist heute der Wallfahrtsort Kalwaria Zebrzydowska. Der heißt so, weil hier um 1600 ein Beamter des Königs auf einem Berg eine kleine Kirche nach dem Vorbild der Golgota-Kapelle zu Jerusalem errichten ließ. Er meinte, in der Gegend eine Ähnlichkeit mit Jerusalem auszumachen. Später wurde an die Kirche eine Kapelle für das Gnadenbild der heiligen Maria von Kalwaria angebaut. Sie wurde das Ziel zahlloser Wallfahrer. Johannes Paul II. war bereits als Kind etliche Male hier. Auch der Ausflug anlässlich seiner Erstkommunion führte hierher, berichtet uns Schwester Theresia. In seiner Autobiographie nennt er die Kapelle das „Sanktuarium der Gottesmutter“, das er in seiner Zeit als Krakauer Erzbischof am häufigsten alleine besucht habe. „Es ist so gebaut, dass man sich hier leicht verstecken kann.“
Zwei päpstliche Pilgerschaften
Im Kreuzgang auf Fotografien an der Wand dokumentiert sind vor allem die zwei Besuche, die Karol Wojtyla als Papst hierher führten. Die zweite dieser päpstlichen Pilgerschaften zur Muttergottes von Kalwaria fand 2002 statt. Die Bilder von damals zeigen schon einen von der Krankheit schwer gezeichneten, gebückten Heiligen Vater, der auch äußerlich vor dem Gnadenbild tief ins Gebet versunken erscheint.