Besuch bei der Bischofsmutter

Schon der Bub wollte Pfarrer werden

KAUFERING/AUGSBURG (jm) – Wo Bertram Meier, ernannter Bischof von Augsburg, sein verschmitzes Lächeln her hat? Und woher die Nase, den speziellen Ausdruck der Augen? Wer dies herausfinden will, der muss nicht in die tiefsten Tiefen des Diözesanarchivs eintauchen und Ahnenforschung betreiben. Es genügt, wenn er das frisch renovierte, mit netten Pflegerinnen ausgestattete Seniorenheim St. Afra im Augsburger Domviertel aufsucht.

Fündig wird er dort hinter einer Tür, auf der ein liebevoll gestaltetes Schild die Bewohnerin „Erna Meier“ ankündigt. Die kleine, geistig quirlige Frau wurde einst in der Gegend von Tropau im Sudetenland geboren und war früher einmal Chefsekretärin bei der Pflugfabrik Landsberg am Lech. 

Zwar ist die 88-Jährige nicht mehr so gut zu Fuß und auf den Rollator angewiesen. Doch sie erweist sich als lebendige, fröhliche und charmante Gesprächspartnerin. „Herrenbesuch ist selten hier“, sagt sie schmunzelnd zum Reporter von der Katholischen SonntagsZeitung.

Nahe beim Dom

Das heißt nicht, dass Bertram Meier, ernannter Bischof von Augsburg, sich zu wenig um seine Mutter kümmern würde: Er ruft täglich an. Allerdings schafft er es bei der Fülle an Terminen nicht immer, vorbeizuschauen. Das besorgt dann Schwester Dominika, die engagierte Haushälterin des künftigen Oberhirten. Sie fährt zum Beispiel mit Frau Meier zum Hörgeräteakustiker.

Bis vor wenigen Wochen wohnte die Bischofsmutter noch im eigenen Haus in Kaufering. Sie baute es in den 1950er Jahren mit ihrem Mann Hans, der im aufstrebenden Ort zweiter Bürgermeister war und dann 1989 viel zu früh starb. Nach ihm wurde sogar eine Straße benannt. Als für die 88-Jährige das eigenständige Wohnen immer schwieriger wurde, zog sie auf Rat der Kinder ins Heim. Nun lebt sie ganz in der Nähe ihres 1960 Erstgeborenen. Auch Tochter Alexandra, Lehrerin und Mutter zweier erwachsener Söhne in Paris, kommt gerne zu Besuch.

Erna Meier hat sich gut eingelebt. Vormittags macht sie die Sitz-Gymnastik für alle Bewohner mit. Die Nachmittage verbringt sie gern mit dem geliebten Landsberger Tagblatt oder der Katholischen SonntagsZeitung – beides derzeit voll mit Nachrichten über ihren Bertram.

Dass er zum Bischof ernannt worden ist, sieht sie „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. „Ich bin ein bisschen in Sorge“, verrät sie – wegen der allzu euphorischen Schlagzeilen. „Kein Baum wächst in den Himmel!“ Auch ihr Sohn könne keine Wundertaten vollbringen.

Und wie war er als Bub? Erna Meier zeigt wieder dieses verschmitzte Lächeln. „Frech war er schon“, verrät sie. 

Wobei „frech“ relativ ist. Der aufgeweckte Junge spielte gern Pfarrer  und wusste früh, was er werden will. Der evangelischen Oma, so erinnert sich die Mutter lachend, prophezeite der Bub: „Dich mache ich als Erste katholisch, wenn ich mal Pfarrer bin!“ Sensationshungrige Journalisten, die auf Enthüllungen über eine Freundin oder gar Verlobte hoffen, haben Pech: Bertram, weiß seine Mutter, hatte zwar eine nette Partnerin im Tanzkurs und sei gegenüber Mitschülerinnen immer „ganz normal“ gewesen – aber eben nicht mehr. 

Als entscheidenden Punkt in der Entwicklung der Berufung sieht die Mutter den Moment an, als der hochbegabte Sohn zum Theologie-Studium nach Rom wechselte. Keine 18 Jahre alt, noch ohne Ita-lienisch-Kenntnisse. Ihr Mann sagte damals: „Entweder er kommt zu uns zurück, oder er bleibt.“

Bertram Meier blieb. Jetzt wird er Bischof.

14.02.2020 - Bischöfe , Bistum Augsburg , Familie