Dillinger Franziskanerinnen schließen Kloster in Oettingen

Mit Hand und Herz gewirkt

OETTINGEN – „Auf Wiedersehen und Arrivederci!“ Das sagte Stadtpfarrer Ulrich Manz beim Festgottesdienst in der St.-Sebastians-Kirche zur Verabschiedung der Dillinger Franziskanerinnen aus Oettingen. Mit dem Renteneintritt von Schwester Mansueta Peschel geht in Oettingen eine Ära zu Ende. 

Die heute 74-jährige Erzieherin hatte das Kloster und Kinderheim bis vergangenes Jahr geleitet. Nach 146 Jahren schließen die Ordensfrauen ihre Filiale in Oettingen. Das Kloster gibt es ab sofort nicht mehr. Das Kinderheim in der Ledergasse wird aber seit einigen Monaten von der Lebenshilfe Donau-Ries weitergeführt. Bei aller Wehmut an diesem Abschiedstag überwog die Freude über diese Fortsetzung und große Dankbarkeit für das, was die Franziskanerinnen in fast 150 Jahren für Oettingen und das Umland geleistet haben.

Mit einem herzlichen Vergelt’s Gott und „Pace e bene“, dem franziskanischen Gruß „Friede und Heil“, überreichte Stadtpfarrer Manz Schwester Mansueta die Nachbildung einer Kreuzikone, die in der Basilica di Santa Chiara in Assisi hängt. Die 33 Personen, die unter dem Kreuz stehen, und die 33 Nägel, die den Rahmen halten, symbolisierten einerseits die 33 Lebensjahre Jesu, erklärte Manz, aber auch die 33 Jahre von Schwester Mansueta in Oettingen. 

Viele Gäste

Nach dem Festgottesdienst mit dem Oettinger Kirchenchor wurde im Pfarrheim gefeiert. Viele Oettinger waren der Einladung des Kinderheim-Vereins gefolgt. Dessen Vorsitzender Christian Zuber begrüßte besonders ein Dutzend Ordensfrauen, darunter die Provinz-
oberin der Dillinger Franziskanerinnen, Schwester Elke, die Oberin von Kloster Medingen, Schwester Eva, sowie die Schwestern Leonhardis und Digna, die im Kinderheim tätig waren. Als ehemaliges Heimkind war auch Schwester Hannah zum Fest gekommen.

Zuber war 1955 als Vierjähriger mit seinem Bruder ins Oettinger Kinderheim gekommen. In seiner Festrede gab er einen persönlichen Einblick in seine Zeit im Kinderheim, als die Kinder und Jugendlichen mit den Schwestern wie in einer Familie zusammenlebten, und wie er sich anfangs vor den Frauen mit dem schwarzen Schleier gefürchtet hatte. Er selbst empfinde heute die Zeit mit den Ordensfrauen, die mit „Herz und Hand agierten“, als prägend für sein Leben. Eingebunden in einen christlichen Tages- und Jahresablauf habe er gelernt, „dass ich einen Vater im Himmel habe, der für mich sorgt“. 

Bestimmte Schwestern sind ihm heute noch als besonders fürsorglich und liebevoll in Erinnerung. Als „Kraftzentrum in der Ledergasse“ bezeichnete Zuber das Haus, in dem Kinderheim, Kloster und ambulante Krankenpflege untergebracht waren. Vielen Oettingern sei Schwester Bellarmine, die Krankenschwester, in seelischer und körperlicher Not beigestanden. 

Die Anfänge

Angefangen hatte alles im Jahr 1872, als der damalige Stadtpfarrer Anton Reichensperger das Kinderheim gründete. Seit dieser Zeit prägten die Schwestern das Leben in Oettingen: Sie waren Lehrerinnen in der Mädchen- und in der Handarbeitsschule, leiteten viele Jahre den katholischen Kindergarten sowie das Kinderheim und übernahmen die ambulante Krankenpflege.

Gabriele Deubler, seit über 40 Jahren Erzieherin im Kinderheim, erzählte den Festgästen einige Anekdoten aus der Arbeit mit Schwester Mansueta und den Kindern, zum Beispiel wie man sich eine Nonne in Italien am Strand vorstellen darf und wie Schwester Mansueta Wert auf Tischmanieren legte. 

Albrecht Fürst zu Oettingen-Spielberg, dessen Familie das Kinderheim über Generationen unterstützte, sagte nachdenklich: „Unser Stadtbild wird sich ändern.“ Er wünschte Schwester Mansueta alles Gute für den Ruhestand im Mutterhaus. 

Heimat gegeben

Die Provinzoberin, Schwester Elke Prochus, fasste die Arbeit von Schwester Mansueta und ihren Mitschwestern zusammen: „Alles drehte sich um die Kinder.“ Aus Überzeugung habe sie ein familiäres Heim geführt. Das klösterliche Leben und das Zusammenleben mit den Schwestern rund um die Uhr habe den Kindern gezeigt, wie man in Gemeinschaft gewinnen kann. „Den Kindern eine Heimat zu geben“, das sei immer das Ziel von Schwester Mansueta gewesen. Insgesamt waren 121 Dillinger Franziskanerinnen in all den Jahren in Oettingen eingesetzt, 373 Kinder wurden im Kinderheim aufgenommen.

Reinhold Bittner bedankte sich als stellvertretender Landrat im Namen des Landkreises und des Jugendamtes für die unkomplizierte Zusammenarbeit. Oft galt es, binnen Stunden Kinder unterzubringen. Niemals sei man von Schwester Mansueta abgewiesen worden. Auch nicht, als man zum Beispiel 2015 mehrere minderjährige Flüchtlinge versorgen musste. Als gebürtiger Oettinger habe er das Kloster schon als Kind gekannt. 

Ab 1985, als drei Schwestern aus dem Allgäu kamen, habe er ganz positiv eine „Öffnung des Hauses“ erlebt. In der Stadt habe er dann große Erleichterung verspürt, als sicher war, dass das Kinderheim durch die Lebenshilfe Donau-Ries weitergeführt werde. „Das Licht in der Ledergasse darf nicht ausgehen“, appellierte er an die Anwesenden. 

Bürgermeisterin Petra Wagner erinnerte sich seit Kindertagen an das Kloster und viele persönliche Begegnungen mit den Ordensfrauen. „Sie haben die Kinder durchs Leben geführt und mit Gottvertrauen ausgestattet wie die eigenen Kinder“, sagte Wagner.

Umrahmt wurde der Festakt vom Akkordeon-Ensemble der Rieser Musikschule. Viele Oettinger verabschiedeten sich herzlich und mit Umarmungen von Schwester Mansueta.

Christina Zuber

12.12.2018 - Bistum Augsburg , Orden