Als die Diözese Augsburg verheiratete Männer zu Diakonen weihte

„Mit Vorsicht genossen“

DILLINGEN – Vor 50 Jahren, am 28. April 1968, fand in Köln weltweit die erste Weihe von Ständigen Diakonen statt. Zwei Tage nach Anton Stehles 36. Geburtstag. Ein gutes Jahr später, am 20. Juli 1969, durfte der Dillinger selbst diese Weihe empfangen. Der heute 86-Jährige erinnert sich: „In der 1000-jährigen Geschichte der Diözese Augsburg war es das erste Mal, dass verheiratete Männer zu Diakonen geweiht wurden.“ 

Mit seinem Bischofswort ermöglichte das Josef Stimpfle am 17. Februar 1969. Damit folgte er dem Beschluss beim II. Vatikanischen Konzil im November 1964. Anfang Mai 1969 trafen sich neun Interessenten im Exerzitienhaus St. Paulus in Leitershofen. Auch Stehles Frau Emilie, mit der er zwei Söhne und eine Tochter hat, fand die Entscheidung richtig. War der gelernte Lebensmittel-Großhandelskaufmann doch schon von klein auf im kirchlichen Leben beheimatet: zunächst als Ministrant und wenig später mit schon 18 Jahren als Mesner in der Dillinger Basilika St. Peter. 

Anton Stehle hat Theologie über einen Fernkurs in Wien und Frankfurt studiert. Für das Ständige Diakonat besuchte er dann das Priesterseminar, das seinen Sitz in der heutigen Lehrerakademie in Dillingen hatte. Stehle kannte den Augsburger Bischof, der jedes Jahr in der Dillinger Basilika die Diakone weihte. Zwölf Stunden bevor der erste Mensch den Mond betrat, weihte er dann auch Anton Stehle sowie Reinhard Maria Libor, der zwei Jahre zuvor als Seminardirektor des Martinsheims in Kaufbeuren eingesetzt worden war. Der dritte im Bunde war Alfred Loos aus Biessenhofen im Allgäu, außerdem 22 junge Theologen auf ihrem Weg ins Priesteramt.

In seiner Predigt erklärte der Bischof, dass der Ruf nach dem Diakonat als Lebensstand immer größer geworden sei. Auch der wachsende Priestermangel habe zu dieser Entscheidung beigetragen. Die neu geweihten verheirateten Diakone, die weiter ihren bisherigen Beruf ausübten, seien bereit, ihre ganze Freizeit für ihren Dienst zu opfern. Dennoch seien sie keine Freizeitamateure. Sie seien vielmehr Diakone den ganzen Tag, das ganze Leben, bei jedem Dienst und Auftrag. 

Von da an übernahm Anton Stehle Beerdigungen, Taufen, Hochzeiten und Verwaltungsaufgaben. „Anfangs haben es die Leute schon mit Vorsicht genossen, dass der Mesner die Beerdigung hält“, erinnert er sich schmunzelnd. 20 Jahre lang hielt Stehle Religionsunterricht und durfte predigen. Emilie Stehle erzählt, dass seine Worte bei den Leuten ankamen, weil ihr Mann mitten im Leben stand. Erst fiel ihm das gar nicht leicht, und er sagte zum Bischof: „Predigen kann ich nicht.“ Die Antwort: „Die liebe Mutter Gottes hilft Ihnen schon.“ Viele weitere Ämter hatte Stehle inne, war Kirchenpfleger, widmete sich der Seniorenarbeit, war Geschäftsführer der Katholischen Erwachsenenbildung, 48 Jahre lang Stadtrat, zwölf davon auch Zweiter Bürgermeister. Als Reiseleiter beim Bayerischen Pilgerbüro fuhr er in mehr als 30 Länder. 

Doch auch Anton Stehle war oft hin- und hergerissen in seinem Glauben. Vor allem, als sein Sohn schon mit 52 Jahren sterben musste, kamen ihm Zweifel. Was ihn besonders berührte, war, dass er in seinem hohen Alter und mit mancherlei Gebrechen am 5. März 2017 noch seinem Urenkel das Sakrament der Taufe spenden durfte. Brigitte Bunk

25.04.2018 - Bistum Augsburg , Historisches