Regens Michael Kreuzer:

„Bei uns im Haus ist schon noch einiges los“

AUGSBURG – Als Regens des Augsburger Priesterseminars St. Hieronymus begleitet Michael Kreuzer angehende Priesteramtskandidaten in ihrer Ausbildung. Neben dem Studium an der Universität erhalten die Seminaristen eine spirituelle Begleitung und bekommen praktische Fähigkeiten vermittelt, die sie für den späteren Priesterberuf brauchen. Eines darf dabei nicht zu kurz kommen, erzählte der Regens beim Besuch der Katholischen SonntagsZeitung: Zeit zur Erholung. 

Regens Kreuzer, immer weniger junge Männer entscheiden sich für das Priesteramt. Hat der Priesterberuf Zukunft?

Derzeit bin ich im Gespräch mit zwei Abiturienten, die sich überlegen, Priester zu werden. Unser Priesterseminar wurde in den 1980er Jahren für rund 100 Seminaristen gebaut. Damals war es voll. Der Rückgang der Seminaristen entspricht in etwa dem Rückgang der Menschen, die jeden Sonntag die Eucharistie mitfeiern. Der Priesterberuf hat sehr wohl Zukunft, wenn auch zahlenmäßig auf einem sehr niedrigen Niveau.

Aufgrund der rückläufigen Seminaristenzahlen müssen viele Priesterseminare schließen. Wie ist die Lage in Augsburg?

Für das Bistum Augsburg sind derzeit 26 Männer auf dem Weg zum Priestertum. Davon werden Ende Juni 2019 drei Diakone und 2020 wohl wieder drei zu Priestern geweiht werden. Drei Seminaristen leben derzeit im überdiözesanen Seminar in Lantershofen, wo es möglich ist, ohne Abitur Theologie zu studieren. Im Priesterseminar in Augsburg wohnen in diesem Semester 13 Seminaristen. Damit ist das Haus natürlich bei weitem nicht voll. 

Wir haben seit langem an die 40 Zimmer als Studentenwohnheim und an einzelne Professoren vermietet. Andere Zimmer brauchen wir für Kaplansfortbildungen oder gemeinsame Ausbildungselemente der Pastoralkurse zusammen mit den Gemeindeassistentinnen und Gemeindeassistenten, Pastoralassistentinnen und Pastoralassistenten. Auch Fortbildungskurse für Priester aus dem Ausland finden regelmäßig hier statt. Bei uns im Haus ist also schon noch einiges los; dennoch wird es eine Aufgabe für die Bayerische wie für die Deutsche Bischofskonferenz bleiben, sich Gedanken zu machen, wo und wie künftig Priester ausgebildet werden sollen.

Wie läuft ein typischer Tag im Priesterseminar ab?

Der Tag beginnt um 6.30 Uhr mit einer Zeit der stillen Betrachtung und der Messfeier. Nach dem Frühstück ist es Zeit für die Uni und das Studium. Dazwischen gibt es im Haus unter anderem „Sprecherziehung“, Unterricht im liturgischen Gesang, Proben für die Schola und wöchentliche Stunden mit dem Spiritual. 

Abends sind am Montag Bibelkreise, zu denen auch auswärtige Studierende und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Basicals eingeladen sind. An drei Abenden ist Gelegenheit zur eucharistischen Anbetung. An einzelnen Tagen beten wir auch Teile des Stundengebets gemeinsam. Dazwischen ist natürlich freie Zeit, die auch Seminaristen gut gebrauchen können.

Gibt es neben Gebet und Ausbildung auch mal „weltliches“ Programm – etwa eine Faschingsfeier?

Wir haben eine Turnhalle, einen Fitnessraum, verschiedene Musik­räume, die sowohl von den Seminaristen als auch von den Bewohnern des Studentenwohnheims (auch gemeinsam) ausgiebig genutzt werden. Im Sommer bietet auch unser Garten mit dem Bach gute Erholungsmöglichkeiten. Fasching gibt es keinen mehr. Für ein gleichermaßen ansprechendes wie abwechslungsreiches Faschingsprogramm sind wir mittlerweile zu wenige. Im Übrigen brauchen die Seminaristen für das „weltliche“ Programm durchaus keine Anregungen durch den Regens.

Um die Seminaristen kümmern sich Sie als Regens, der Subregens, ein Spiritual und einige Dillinger Franziskanerinnen. Wer hat welche Aufgaben?

Der Subregens ist Stellvertreter des Regens. Ihm obliegt unter anderem die Organisation und Begleitung der Praktika der Seminaristen und der Pastoralkurse. Ebenso betreut er die Fortbildung der Jungpriester bis zur zweiten Dienstprüfung. Zudem ist Subregens Domvikar Albert Wolf Leiter des Offenen Seminars der Diö­zese Augsburg. 

Spiritual Dr. Michael Lechner ist zuständig für die spirituelle Ausbildung der Seminaristen und achtet auch auf die gesamtmenschliche Entwicklung der Kandidaten. Er hält für jeden Jahrgang wöchentlich eine „Spiritualstunde“ mit Ausbildungselementen in der Geschichte der Spiritualität oder geht der Frage nach der sexuellen Reifung und den evangelischen Räten nach. Die wöchentlichen „Punkte“ sind ein geistlicher Vortrag, der den Seminaristen Anhaltspunkte zum persönlichen Bedenken und Weiterdenken vorlegt. Weil der Spiritual auch in der geistlichen Begleitung der Seminaristen tätig ist, achtet er gegenüber Regens und Subregens auf strenge Verschwiegenheit. 

Die Dillinger Franziskanerinnen haben die Leitung der Hauswirtschaft bereits im Jahr 2002 abgegeben. Seitdem sorgt ein Team von engagierten Hauswirtschafterinnen für die Verpflegung der Studenten und die Sauberkeit im Haus. Ihre Zimmer reinigen die Studenten selber. Derzeit ist noch eine Schwester an der Pforte, eine in der Hauswirtschaft tätig. Zwei Schwestern wohnen hier, arbeiten aber auswärts. Bis Ende Dezember werden die Schwestern das Haus verlassen. Damit geht eine langjährige segensreiche Tradition zu Ende.

Gibt es auf dem Seminargelände  wirklich Rehe?

Bis zum vergangenen Sommer lebte hier das letzte Reh. Die ersten Rehe wurden durch den Lochbach angeschwemmt, eines wurde 2006 vom ehemaligen Gelände der Sheridan-Kaserne hierhergebracht, andere wurden hier geboren.

Vor Ihrer Zeit als Regens waren Sie unter anderem Wallfahrtspfarrer in Violau. Vermissen Sie nicht manchmal die Pfarrerstätigkeit?

Ich habe als Pfarrer und Wallfahrtspfarrer viele wertvolle Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen gehabt. Meine Erfahrungen, etwa im Beichtstuhl, gehen heute noch in die Ausbildung der künftigen Priester ein.

Interview: Romana Kröling, Johannes Müller

12.06.2019 - Bistum Augsburg , Priester