Mit akkuraten Scherenschnitten

Religiöse Szenen auf Papier

Neuburg – Naturmotive wie Pflanzen und Tiere, religiöse Motive, ja ganze Szenen wie die Anbetung der Könige oder die Heilige Familie mit Hirten, Märchen, feenartigen Wesen – es gibt kaum etwas, das Josefine, genannt ­„Josy“, Meidinger nicht in ungeheuer filigranen und vor allem sehr akkuraten Scherenschnitten verewigte. Ihr Nachlass, bestehend aus einigen Tausend Scherenschnitten, Zeichnungen und Skizzen, kehrt nun in ihre langjährige Heimatstadt Neuburg an der Donau zurück. 

Meidinger hatte dank ihrer persönlichen Kontakte zur Familie des Kronprinzen Rupprecht von ­Bayern von 1931 bis 1945 kostenfrei im Neuburger Schloss gewohnt. Nachdem es zu Kriegsende von russischen Zwangsarbeitern verwüstet worden war, zog die Künstlerin ins Jagdschloss Grünau um, wo sie am 7. Juni 1971 verstarb.

Umzugskartons stapeln sich in den Räumen des ehemaligen Bio­historicums, dazu gerahmte Werke Josy Meidingers, die vermutlich seit der Ausstellung zu ihrem 100. Geburtstag im Jahr 1999 in diesen Rahmen stecken. Einige Vitrinen mit persönlichen Erinnerungs­stücken und sogar Möbel aus dem Besitz der Künstlerin haben hier Einzug gehalten. Mit letzteren soll im ersten Stock nach alten Fotos ein Josy-Meidinger-Zimmer eingerichtet werden, das dem Turmzimmer im Neuburger Schloss, das ihr als Arbeitsraum diente, möglichst nahekommt. 

Stadtarchivarin Monika Schierl und ihr Team werden Jahre damit beschäftigt sein, diesen Nachlass zu sichten und zu archivieren, noch länger wird es dauern, ihn zu erforschen. „Im kommenden Jahr geht es darum, den Bestand aus seiner alten Verpackung zu nehmen und nach konservatorischen Gesichtspunkten neu zu verpacken.“ 

Zeitzeugen über Josy

Für die Archivarin wie für Kulturamtsleiterin Marie­luise Kühnl ist es wichtig, späteren Besuchern des hier entstehenden Museums neben den Werken der Scherenschnittkünstlerin auch deren Persönlichkeit näherzubringen. Daher soll ein Film gezeigt werden, in dem auch Zeitzeugen zu Wort kommen, die Josy Meidinger noch persönlich gekannt haben. Sie lebte zurückgezogen mit ihren Hunden auf Schloss Grünau und nahm sie mitunter sogar mit in die Kirche. 

Bis 1939 stellte die Künstlerin gelegentlich aus, viel verkauft hat sie jedoch wohl nicht, eher verschenkte sie ihre Werke. Sie brauchte nicht viel zum Lebensunterhalt, der durch Illustrationen für Verlage und eine kleine Erbschaft gesichert wurde. Ihre Liebe zu, aber auch Ehrfurcht vor Natur und Geschöpfen spiegelt sich in den zum Teil schon romantisch zu nennenden Werken, in denen sie Mensch, Tier und Pflanze solo oder in der Natur darstellte. Einige Scherenschnitte sind mit buntem Papier hinterlegt. 

Josy Meidingers Neffe Elmar Gernert hatte der Stadt Neuburg schon vor einigen Jahren den künstlerischen Nachlass angeboten – allerdings unter der Bedingung, dass die Werke seiner Tante der Öffentlichkeit angemessen präsentiert würden, bevorzugt im Neuburger Schloss.

Diesen Wunsch zu erfüllen, konnte sich die Stadt damals nicht leisten. In seinem Testament verfügte Gernert nun, dass sein Privatvermögen, das auf mehrere Millionen Euro – genauere Zahlen sind nicht bekannt, da auch Immobilienbesitz dazu gehört – beziffert wird, dazu verwendet werden soll, ein Josy-­Meidinger-Museum zu errichten beziehungsweise ihre Werke angemessen und dauerhaft auszustellen. 

Erbe war eigentlich der Freistaat Bayern, bei dem Oberbürgermeister Bernhard Gmehling für die Stadt Neuburg Interesse anmeldete und den Zuschlag erhielt. Deshalb konnte nun das Gebäude des ehemaligen Bio­historicums, das die Große Kreisstadt bereits seit längerem gemietet hatte, erworben werden. 

Andrea Hammerl

26.03.2023 - Frauen , Glaube , Kunst