Neuer Seliger: Pater Richard Henke

„Märtyrer der Nächstenliebe“

FRIEDBERG – Zum Dank für die Seligsprechung ihres Mitbruders, Pater Richard Henkes, feierte die Pallottiner-Gemeinschaft mit Weihbischof Anton Losinger in der Friedberger Stadtpfarrkirche St. Jakobus major am 23. Oktober einen Gottesdienst. Am 15. September war Richard Henkes im Hohen Dom zu Limburg als „Märtyrer der Nächstenliebe“ durch den Kurienkardinal Kurt Koch seliggesprochen worden.

Eine große Abbildung von Richard Henkes stand auf einer Staffelei im Chorraum. Gemalt hat dieses Porträt der Augsburger Karlheinz Uhl auf Wunsch der Friedberger Pallottiner anlässlich der Seligsprechung. Der Künstler wollte, dass im Bild die Ausstrahlung, die Kraft und das innere Licht von Pater Richard zum Ausdruck komme.

Nur 35 Kilometer Luftlinie von Friedberg entfernt befindet sich das Konzentrationslager Dachau. Dorthin wurde am 8. April 1943 auch Richard Henkes deportiert, der zu lebensgefährlicher Zeit die Menschenverachtung der Nazidiktatur in seinen regimekritischen Predigten anprangerte. Besonders laut sprach sich Henkes gegen die Ermordung behinderter Menschen aus. „Einer muss doch die Wahrheit sagen“, lautete einer seiner Aussprüche. 

In der Hölle von Dachau selbst ein Gefangener, kümmerte sich Henkes um seine Mitgefangenen und sprach ihnen Mut und Trost zu. Gegen Kriegsende, als im KZ Typhus ausgebrochen war, pflegte Pater Richard sterbenskranke Menschen, unter ihnen viele Häftlinge aus Tschechien. Eingeschlossen in einem Quarantäneblock, infizierte er sich und starb am 22. Februar 1945.

„Dieser Dankgottesdienst weckt in mir eine persönliche Erinnerung an eine meiner letzten Religionsstunden am Johann-Michael-Sailer-Gymnasium in Dillingen“, erinnerte sich Weihbischof Anton Losinger in seiner Predigt. „Wir sprachen über den Nationalsozialismus und darüber, ob es heute wohl noch genügend Priester und Gläubige gäbe, die den Mut zum Widerstand gegen Unrecht hätten und für Menschlichkeit zu Märtyrern würden wie Richard Henkes“, blickte der Weihbischof zurück. 

„Noch nicht einmal 45 Jahre alt ist er geworden, ein kurzes Leben, in dem er entschieden die Wahrheit und die Menschenwürde verteidigte und die Liebe zu Gott und dem Nächsten vorlebte.“ Durch dieses Zeugnis stehe er – so urteilte Losinger – in der Reihe der Märtyrer gegen den Nationalsozialismus, wie auch Alfred Delp, Maximilian Kolbe oder Dietrich Bonhoeffer es waren. Besonders erwähnte der Weihbischof auch die Mitglieder der Weißen Rose.

„Pater Richard Henkes hat die Schärfe der Wahrheit mit der Milde der Nächstenliebe verbunden“, resümierte Provinzial Pater Helmut Scharler. „Meinen persönlichen Zugang zu dem großen und sehr aktuellen Seligen habe ich gefunden, weil er ein Brückenbauer zwischen den Völkern war, besonders zwischen deutschen, polnischen und tschechischen Menschen. So ist es in der pallottinischen Gemeinschaft üblich. Man sieht ja hier“, blickte Scharler in die Runde der zahlreichen Anwesenden, „wie viele Menschen unterschiedlicher Hautfarben zu diesem Gottesdienst gekommen sind.“ 

Mit dem Reliquiar, das Reliquien des seligen Richard Henkes enthält, erteilte Weihbischof Anton Losinger den Segen. Die Gläubigen sangen zum Schluss des ergreifenden Gottesdiensts das Pater-Richard-Henkes-Lied, dessen Musik Georg Bätzing, Bischof von Limburg, komponiert hat: „Auch Richard Henkes traute dir, fand Mut in schweren Zeiten, sprach Unrecht an mit klarem Wort, wollt hin zur Wahrheit leiten.“  

Ingrid Paulus