Ein eindrucksvolles Bild boten die Augsburger Domsingknaben schon bisher, wenn der groß gewachsene Reinhard Kammler mit seinem dunklen Schnurrbart den Takt vorgab. Ein blonder junger Mann mit strahlendem Lächeln löst ihn demnächst ab: Stefan Steinemann, dann 27 Jahre jung, wird zum 1. Januar 2020 neuer Domkapellmeister. Nach den Recherchen unserer Zeitung ist er der zur Zeit jüngste Inhaber dieses Amtes in Deutschland, wenn nicht gar in Europa.
Völlig überraschend kommt die Personalentscheidung nicht, die zugleich einen Generationenwechsel bedeutet. Der 64-jährige Kammler hat gut vorgearbeitet, um seinen Wunsch-Nachfolger zu präsentieren. Steinemann ist trotz des jungen Alters schon mehrere Jahre sein Assistent und seit März 2019 stellvertretender Domkapellmeister.
Steinemanns Lehrer und Vorgänger wird von Bischof Konrad Zdarsa bescheinigt, er habe „eine kirchenmusikalische Ära“ geprägt. „Einen Großteil seines Lebens hat er sich unermüdlich für den musikalischen Lobpreis zur höheren Ehre Gottes eingesetzt.“ Kammlers Name werde immer mit der Dommusik und den Augsburger Domsingknaben verbunden sein. „Der Aufbau des weit über die Bistumsgrenzen hinaus bekannten Knabenchores ist sein Lebenswerk“, lobt der Bischof.
Auftritt vor dem Papst
Wenn am 19. Mai wieder für Kinder und Eltern die Möglichkeit besteht, sich beim Tag der offenen Tür im Augsburger Haus St. Ambrosius über die Domsingknaben zu informieren, dann werden bei Stefan Steinemann Erinnerungen wach: Noch keine fünf Jahre alt lernte der Sohn einer Kirchenmusikerin und eines musikliebenden Geschäftsführers vor 22 Jahren den Chor kennen, den er demnächst leiten wird. Jenen Chor, mit dem er einst die einmalige Audienz bei Papst Johannes Paul II. erlebte, mit dem er nach China, in die USA und nach Südafrika reiste und der schießlich bei seiner Abschlussprüfung zum Chorleiter dabei war.
Der Wunsch, Berufsmusiker zu werden, sei „sehr früh gereift“, erinnert sich Steinemann, der die gesamte Schulzeit in Augsburg-Inningen verbrachte und damit im Kreise der Familie und der Freunde. Im Gegensatz zu anderen Chören werden die Mitglieder der Domsingknaben nicht via Internat aus der vertrauten Umgebung herausgerissen.