Waaler Passionsspiele

Der Brandner Kasper als Allgäuer

WAAL – Wer kennt sie nicht, die wundersame Geschichte vom Brandner Kasper, der dem Tod, dem Boandlkramer, mit Hilfe von Kirschwasser und einem Kartenspiel zusätzliche Lebensjahre abluchst? Unzählige Male ist sie auf bayerischen Bühnen aufgeführt und auch dreimal verfilmt worden. Jetzt hat sich die Passionsspielgemeinschaft Waal des Stoffes angenommen.

Inhaltlich näher an der literarischen Vorlage, doch mit einer wichtigen Neuerung: Waren sowohl die Erzählung von Franz von Kobell aus dem Jahr 1871 als auch die nachfolgenden Bearbeitungen in oberbairischer Mundart verfasst, so ist die neue Version von Spielleiter Florian Werner im Ostallgäuer Dialekt gehalten. Die Übersetzung entstand in Zusammenarbeit mit Schauspielern der Spielgemeinschaft Waal, denn als gebürtiger Münchner spricht Florian Werner bayerisch. Neu sind zudem die Engelschule und der Schutzengelstammtisch. Auch hier setzt der Regisseur auf die Aussagekraft der Mundart und versammelt Engel mit unterschiedlichster Sprachfärbung.

Seinen Anfang nahm das Projekt im vergangenen Sommer: „Der erste, den ich gefragt habe, war Dietmar Ledel, ob er die Rolle des Boandlkramers spielen wolle,“ erzählt Florian Werner. Zu diesem Zeitpunkt gab es erst die Idee zu der Neubearbeitung, und eigentlich hatte der Gefragte gar nicht mehr die Absicht, ein weiteres Mal eine Rolle in einem Stück zu übernehmen: „Ich wollte künftig nur noch den Souffleur machen.“ Dietmar Ledel sagte dann doch zu. 

Als erstes stand die Schlüsselszene mit dem Kirschgeist und dem alten Kartenspiel Grasobern, weitere Szenen folgten, und im Herbst machte sich das Team an die Übersetzung. Es waren allesamt Einheimische, die mit dem Ostallgäuer Dialekt aufgewachsen sind, und doch gab es dabei den einen oder anderen Ausdruck, der bei einigen längst in Vergessenheit geraten war und nun wieder in Erinnerung gerufen wurde. „So ein Wort war ,dronnaweags’ ich kannte das gar nicht,“ gibt Helmut Greisl zu, der den Brandner Kasper spielt. Getippt hat den Text schließlich Dietmar Ledel: „Dialekt schreiben ist schwieriger als sprechen, denn die Leute sollen es dann ja auch lesen können.“ Durch das Schreiben fiel es ihm anschließend jedoch leichter, seinen eigenen Text auswendig zu lernen.

Bei den Proben müssen nicht jedes Mal alle Darsteller anwesend sein, schließlich haben sie auch noch Familie und Beruf. Geprobt werden deshalb ausgewählte Szenen, meist abends im unbeheizten Festspielhaus in Bühnenbildern, die erst teilweise fertiggestellt sind. Der Spielleiter legt Wert darauf, gleich mit den neuen Kulissen zu spielen, „damit man sich an den Raum gewöhnt“. Da liegt dann Lucia Kellner als Traudl Brandner auf einem improvisierten (und höchst unbequemen) Sterbebett, der Pfarrer, der von Werner Demmler gespielt wird, hängt seinen imaginären Mantel an einen nicht vorhandenen Kleiderhaken.

Die Textbücher liegen zwar noch in Reichweite, doch der Text sitzt schon sicher genug, um an Details zu feilen, an Tonfall, Körperhaltung und Gestik. Die Probe läuft äußerst konzentriert ab, und man merkt es den Schauspielern an, dass sie – wenngleich allesamt Laien – reiche Erfahrung aus vorangegangenen Passions- und Heiligenspielen in Waal mitbringen. Freundschaftlich und familiär ist ihre Beziehung zu Spielleiter Florian Werner, als Theaterwissenschaftler und Intendant des Landsberger Stadttheaters der einzige „Bühnen-Profi“ der großen Festspielfamilie. 

Nach den Passionsspielen 2009 und 2015 und dem Franziskusspiel 2012 leitet er zum vierten Mal ein Projekt in Waal. Damit reiht er sich in eine fast 400-jährige Tradition ein, denn in Waal führt man den Ursprung der Passionsspiele auf die Zeit der furchtbaren Pestepidemie um 1621 zurück. Ebenso wie ihre Vorfahren bereiten sich die heutigen Darsteller mit Hingabe und Begeisterung auf das neue Stück vor, damit bei der Premiere am 21. April alles klappt. Daniela Hölzle

Information

Karten gibt es bei der Passionsspielgemeinschaft, Telefon 0 82 46/96 90 01. Termine im Internet unter www.brandnerkasperwaal.de/karten.html.