„Kemnather Passion“

Das Leiden Christi als Schauspiel

KEMNATH – Die Passion Christi hat bekanntermaßen viele Künstler zu kreativem Schaffen angeregt: Sei es Mel Gibson zu seinem durchaus umstrittenen Film „Die Passion Christi“, Johann Sebastian Bach zur „Matthäus-Passion“ und zur „Johannes-Passion“ oder Andrew Lloyd Webber zu seinem Musical „Jesus Christ Superstar“. Sehr viel früher sind aber die sogenannten Passionsspiele entstanden, die die Leidensgeschichte Jesu szenisch darstellen – am bekanntesten in Deutschland sind sicherlich die Oberammergauer Passionsspiele. Doch auch in Kemnath im Landkreis Tirschenreuth kann diese Tradition auf eine lange Historie blicken.

Der Ursprung der „Kemnather Passion“ reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Mittlerweile wird die „neuzeitliche“ Kemnather Passion nach ihrer Wiederentdeckung für das Jahr 1983 zum achten Mal in der Mehrzweckhalle aufgeführt. Sechs Aufführungen sind ursprünglich angesetzt worden, die Kartennachfrage war aber so hoch, dass eine Zusatzvorstellung eingeschoben wurde. Aufführungen finden in diesem Jahr am 10. März (Premiere) sowie am 16., 17., 18., 24., 25. und 30. März (Karfreitag) statt. Beginn ist um 19.30 Uhr, an den beiden Sonntagen bereits um 18 Uhr.
Die Aufführung der Kemnather Passion dauert rund zweieinhalb Stunden, ungefähr 250 Personen werden auf und hinter der Bühne sowie im Chor aktiv sein, um den Zuschauern dieses bewegende Schauspiel zu präsentieren.

Die Spielleitung hat erneut Thomas Linkel übernommen, der 2013 erstmals Regie führte und dabei für eine komplette Neuinszenierung des Schauspiels verantwortlich war. „Über 90 Prozent der diesjährigen Mitwirkenden waren auch 2013 dabei“, berichtet Linkel. Dies gebe ihm die Gelegenheit, in der Inszenierung noch spannender und dichter zu werden. „Ich will die Emotion noch intensiver transportieren“, so der Spielleiter. Dass seine Aufgabe nicht unbedingt leicht ist, weiß Linkel natürlich – schließlich sind ja Handlung und Ende der Geschichte hinlänglich bekannt. Dass die Kemnather Passion etwas ganz Besonderes ist, das weiß auch Linkel: „Die Passion ist kein klassisches Theaterstück, aber eben auch keine religiöse Ersatzhandlung, sondern irgendwo dazwischen anzusiedeln.“

Vor gut 300 Jahren

Verfasst wurde die Passion vor gut 300 Jahren von Patres des Franziskanerklosters St. Antonius, gespielt alljährlich am Karfreitag vor dem Haus des Landrichters am Kemnather Stadtplatz. Das Spiel dauerte den ganzen Tag: Den Kemnather Gewerbsleuten, besonders den Wirten, war das nur recht. Viele Zuschauer, die nach Beendigung der Prozession in die Gasthäuser strömten und bis tief in die Nacht zechten, brachten auch viel Geld in ihre Kassen. Die kirchliche Obrigkeit hingegen sah die Verweltlichung des Spiels durch „Verstöße gegen Gesetz, Zucht und Sitte“ bei anschließenden Wirtshausbesuchen mit Sorge. Dies führte schließlich dazu, dass die Aufführungen 1767 verboten wurden. Den Anstoß, das Kemnather Passionsspiel wieder aufzuführen, lieferte die 975-Jahr-Feier der Stadt Kemnath im Jahr 1983.

Wichtigster Akteur in dem Stück ist natürlich der Jesus-Darsteller: Die anspruchsvolle Rolle übernimmt in diesem Jahr Roland Krauß. Für den 33-Jährigen ist dies auch eine Art Rückkehr, denn die Rolle hatte er auch schon 2008, also vor zehn Jahren, gespielt. „Aber es ist auch etwas komplett Neues“, räumt er mit Blick auf die aktuelle Inszenierung im Vergleich zu 2008 ein. Auch von der inneren Einstellung gehe er ganz anders an seine Rolle heran. „Als 23-Jähriger ist die Ernsthaftigkeit vielleicht noch nicht so da wie jetzt, wenn man mitten im Leben steht“, betont Krauß.

Die Rolle sei und bleibe eine ungeheure Herausforderung. Als sehr heftig empfindet er – wer kann es ihm verdenken – die Kreuzigungsszene. „Das ist schon ein Gefühl, mit dem man sich anfreunden muss“, so Roland Krauß. Neben dem Wissen, dass diese Art der Hinrichtung früher sehr häufig angewendet wurde, stellt es auch von schauspielerischer Seite her eine enorme Aufgabe dar. „Solange man noch den Lebenden spielt, geht es“, berichtet der Jesus-Darsteller. Wenn Jesus dann tot ist, werde es allerdings schwieriger: Die Arme schlafen ein, die Atmung muss flach gehalten werden, an Niesen, Husten oder Kratzen ist gar nicht erst zu denken. 

Für Thomas Völkl ist die Kemnather Passion in diesem Jahr gewissermaßen auch eine Premiere: Er übernimmt zum ersten Mal die Leitung des knapp 80-köpfigen Passions-Chors, ohne den die Inszenierung gar nicht vorstellbar ist. Und doch bringt Völkl bereits „Passions“-Erfahrung mit, denn in der Inszenierung aus dem Jahr 2003 hatte er selbst den Gottessohn gespielt. „Die Musik unterstreicht die Handlung auf der Passionsbühne und verleiht ihr eine tiefere Dimension. Starke Emotionen wie die Wut des Volkes bei der Verurteilung, die Barmherzigkeit Jesu, aber auch dessen Unsicherheit am Golgotha werden durch die Musik noch verstärkt“, erklärt der Chorleiter.

Zur Premiere am 10. März werden unter anderem der Regensburger Diözesanbischof Rudolf Voderholzer und die Bayerische Staatsministerin Emilia Müller erwartet. Eine weitere Vorstellung wird auch Erzbischof Nikola Eterović, Apos­tolischer Nuntius in Deutschland, besuchen.

Holger Stiegler

Hinweis:
Weitere Informationen zur Passion und Tickets unter: www.kemnather-passion.de.

01.03.2018 - Bistum Regensburg , Kunst