Kleines Amtsjubiläum

Der Barmherzige

Fünf Jahre Franziskus: Der Papst vom anderen Ende der Welt hat sich in seinem bisherigen Pontifikat vor allem von einem Begriff leiten lassen – Barmherzigkeit. Was er damit genau meint, hat er von Anfang an mit Worten und vor allem mit Taten erläutert. Das ging soweit, dass er ein außerordentliches Heiliges Jahr der Barmherzigkeit ausrief, das die römisch-katholische Kirche vom Dezember 2015 bis zum November 2016 beging. Kurienkardinal Kurt Koch hat anlässlich des Jubiläums ein Grußwort für unsere Zeitung geschrieben.

War sein Vorgänger Benedikt XVI. der Papst, der die Liebe Gottes und die Freude am Glauben in den Mittelpunkt seines Petrusdienstes rückte, so stellt Franziskus die Zärtlichkeit Gottes ins Zentrum seiner Tätigkeit als Kirchenoberhaupt. Schon seinen ersten Auftritt kann man nur aus dieser Per­spektive verstehen.

Es ist ein kühler Abend am 13. März 2013. Da erscheint er auf dem Balkon der Segnungsloggia am Petersdom und spricht die ersten Worte als Papst: „Fratelli e sorelle, buonasera!“ – „Brüder und Schwestern, guten Abend!“ Mit diesen bescheidenen Worten löst er sofort Beifall aus. 

Kleine Gesten

Franziskus ist ein Papst, der die Menschen direkt anspricht. Sofort nach seiner Wahl fährt er zum Gasthaus, um dort die Rechnung für seinen Rom-Aufenthalt zu begleichen. Dann beschließt er, dass er im vatikanischen Gästehaus Santa Marta wohnen wird. Mit diesen kleinen Gesten löst er positive Gefühle aus. Man merkt, dass ein Gottesmann zum Papst gewählt wurde, der die Bescheidenheit nicht nur verlangt und darüber spricht, sondern mit gutem Beispiel vorangeht.

Wegweisender Besuch

Seine erste Reise führt Franziskus nicht in eine weltberühmte Stadt oder zu einem mächtigen Staatsmann. Jorge Mario Bergoglio, der den Namen Franziskus auswählt und wie der heilige Franz von Assisi eine Kirche der Armen, Benachteiligten und der guten Herzen in sich tragen will, besucht am 8. Juli 2013 die Mittelmeerinsel Lampedusa.

Sie ist das Ziel tausender Flüchtlinge, die aus Nordafrika zu einer gefährlichen Reise aufbrechen. Viele erreichen die Insel gar nicht und ertrinken stattdessen in den Fluten des Meeres. Ihnen widmet Franziskus nicht nur einen Blumenkranz, sondern auch ein besonderes Gebet. Den Flüchtlingen auf der Insel dagegen schenkt er Telefonkarten, damit sie ihre Familienangehörigen in Afrika oder im Nahen Osten anrufen können.

Bereits da ist vielen klar, dass die „Revolution der Barmherzigkeit“ nicht nur schöne Worte sind. „Wie gern hätte ich eine arme Kirche für die Armen“, sagt Franziskus vor hunderten Journalisten im Vatikan drei Tage nach seiner Wahl. Wohlgemerkt: Er spricht nicht von einer Kirche, die all ihre Güter verkaufen soll. Vielmehr meint er eine Kirche, die sich nicht scheut, auf jene zuzugehen, die „schmutzig sind oder stinken“. Es sind jene, die an den Rändern der Gesellschaft und allgemein der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen.

Das merkt man bei Franziskus’ erster Auslandsreise, die ihn auf seinen Heimatkontinent führt: Im brasilianischen Rio de Janeiro trifft er im Juli 2013 die Teilnehmer des Weltjugendtags. Für Schlagzeilen sorgt der „Protokollschreck Franziskus“, als er kurzerhand beschließt, eine Familie in einem Armenviertel zu besuchen, obwohl dies nicht auf dem offiziellen Programm steht. Seitdem sticht diese spontane Haltung immer wieder heraus. Mittlerweile gehört sie in gewisser Weise zum Programm einer jeden Visite. 

22 Auslandsreisen

22 Reisen ins Ausland hat der heute 81-Jährige bisher geschafft. Und trotzdem hat er bisher weder seine Heimat Argentinien besucht noch eines der großen Länder Europas, mit Ausnahme der Tagesfahrt nach Straßburg am 25. November 2014 zum Europä­ischen Parlament. 

Obwohl er kein gebürtiger Europäer ist, hat er immer wieder auf die Wurzeln und die Fundamente dieses Kontinents hingewiesen. Deswegen erhielt er den Aachener Karlspreis 2016. Seine Nähe zu Deutschland, das er als junger Student besucht hatte, machte sich einen Tag nach seiner Wahl bemerkbar. Seine ersten nicht-italienischen Worte, die er als Papst äußerte, waren nämlich ein Zitat des deutschen Lyrikers Friedrich Hölderlin: „Es ist ruhig, das Alter, und fromm.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihn in vier Privataudienzen erlebt. Sie schenkte dem „Papst vom anderen Ende der Welt“, wie er sich 2013 selbst bezeichnete, unter anderem eine Gesamtausgabe der Werke Hölderlins.

Die Bundesrepublik hat Franziskus als Papst (noch) nicht besucht, selbst im Gedenkjahr zur Reformation von 1516 nicht. Ein ökumenisches Zeichen setzte er stattdessen bei seinem Besuch 2016 in  Schweden, am nördlichen Rand des europäischen Kontinents. Mit Munib Younan, Präsident des Lutherischen Weltbunds, unterzeichnete er eine Erklärung zur Ökumene.

Zwei Enzykliken

In fünf Jahren gab es zwei Enzykliken. Die erste – Lumen fidei – war größtenteils von seinem Vorgänger Benedikt XVI. vorbereitet worden. Die zweite – Laudato si – spiegelt das Leitmotiv des Pontifikats von Franziskus wider: Der Mensch verdankt alles Gott. Deshalb sollen alle mit diesem Geschenk der Schöpfung verantwortungsvoll und mit Hingabe umgehen. 

Sein Amt versteht der Papst ebenfalls als Geschenk Gottes. Er will verantwortungsvoll damit umgehen. So hat er gleich zu Beginn seines Pontifikats mit der Einsetzung eines beratenden Kardinalsrats ein großes Projekt angepackt: eine tiefgreifende Kurienreform. 

Mario Galgano

10.03.2018 - Papst