"Maria Magdalena" ab 15. März im Kino

Die Apostelin neben Jesus

Zu Beginn des Films ist Maria Magdalena als Geburtshelferin zu sehen – ihre Gegenwart und ihr Zuspruch lassen eine junge Frau die Schmerzen einer komplizierten Geburt überstehen. In den letzten Szenen ist sie gemäß der biblischen Vorlage Zeugin des Auferstandenen – für die Gläubigen öffnet sich das Himmelreich und es beginnt ein neues Leben. Dazwischen spannt Regisseur Garth Davis in dem am 15. März anlaufenden Kinofilm „Maria Magdalena“ den Bogen vom Aufbruch der jungen Maria über ihre Gefolgschaft Jesu bis zu den letzten Tagen in Jerusalem. 

Der Film zeigt die Geschichte der Apostel unter einem anderen Blickwinkel und widmet sich damit auch der Rehabilitierung dieser biblischen Frauengestalt. Erfolgte doch 2016 auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus die Gleichstellung Maria Magdalenas mit den Aposteln. Damit sollte auch das kirchliche Nachdenken über die Würde der Frau angeregt werden.

Dieser Aufgabe haben sich die beiden Drehbuchautorinnen  Helen Edmundson und Philippa Goslett angenommen. „Es war eine Gelegenheit, jemandem eine Stimme zu geben, der lange Zeit zum Schweigen verurteilt war. Die faszinierende Idee war, wie die Botschaft Jesu durch Frauen unterschiedlich erfahren werden konnte.“ 

Historisch war diese Erfahrung über Jahrhunderte hinweg durch die Auslegung von Papst Gregor aus dem Jahre 591 vorgeprägt, wonach Maria Magdalena eine Sünderin gewesen sei. Deren liturgische Aufwertung durch Papst Franziskus – ihr Gedenktag am 22. Juli wird heute in der ganzen katholischen Kirche als „Fest“ gefeiert – kann auch als ein großer Schritt für die Wertschätzung der Rolle der Frau in der Kirche angesehen werden.

Doch zurück zum Film. Dieser beginnt mit Szenen aus dem Leben der Frauen in Magdala, einem Fischerdorf am See Genezareth. Man sieht Maria Magdalena bei der Arbeit, dem Ausbringen von Fischernetzen. Eine junge Frau, die zusammen mit den Schwestern und Tanten in einer patriarchalischen Welt lebt. Ihre Brüder berichten von einem wunderheilenden Prediger, der durch die Lande zieht und schließlich auch den Weg in das Fischerdorf findet. 

Was folgt, ist Marias Aufbegehren gegen die ihr von den Männern zugedachte Rolle als künftige Ehefrau und Mutter. Eine zentrale Szene zeigt die verzweifelten Versuche der Familie, Maria von diesen „Dämonen“ zu heilen: Sie wird mehrmals im Wasser des Sees untergetaucht, bis sie zu ertrinken droht. Später gibt es erneut eine Szene im See – diesmal aber ist es ihre Taufe durch Jesus. Sie hat sich inzwischen der aufrührerischen religiösen Gruppe angeschlossen, die gegen die herrschenden Mächte aufbegehrt, freilich nicht im Sinne eines irdischen Reiches, wie etwa Judas glaubt.

Bibelverfilmungen gibt es viele. Die Bandbreite reicht von monumentalen Epen mit Massenszenen und gewaltigen Kulissen wie „Die zehn Gebote“ von Cecil B. DeMille aus dem Jahre 1956 bis zu „Die letzte Versuchung Christi“ (1988) von Martin Scorsese nach dem Buch des griechischen Schriftstellers Nikos Kazantzakis. Die Verfilmung erregte wegen der darin dargestellten, angeblich sexuellen Beziehung von Jesus zu Maria Magdalena heftige Proteste.

Historische Darstellung

Verglichen damit bleibt die Verfilmung des Lebens von Maria Magdalena durch Garth Davis in eher ruhigem Fahrwasser mit historischer Darstellung von Kleidung und Orten – gedreht wurde allerdings vor allem auf Sizilien. Bildhaft herrscht der Wechsel von Panoramaansichten der Landschaft und Nahaufnahmen der Akteure vor, deren Gesichter und Mimik den Erzählstrang illustrieren. 

Rooney Mara spielt eine sensible, zerbrechliche und dennoch starke Maria Magdalena, während Joaquin Phoenix einen wunderheilenden, manchmal mit seinen Kräften hadernden und am Ende sich dem Kreuz ergebenden Jesus darstellt. Dabei spiegeln die Farben des Films oft einen Grundton wider, in dem eher das Braun der Erde denn das Blau des Himmels vorherrscht.

Inhaltlich folgt „Maria Magdalena“ der biblischen Erzählung. Mit den anderen Aposteln begibt sich die junge Frau im Gefolge Jesu auf den Weg durch Galiläa und wird Zeugin von Wundern wie der Heilung von Kranken und der Auferstehung von Toten. Auch die Vertreibung der Händler aus dem Tempel und schließlich die Kreuzigung Christi gehören zur Filmerzählung. Erst in diesen letzten Szenen wird die sonstige Konzentration auf einige wenige Akteure durch Massenszenen ergänzt. 

Bleibt die Frage, was „Maria Magdalena“ zu den bisherigen Bibelverfilmungen hinzufügen und was der Film über die bekannte Geschichte der Apostel hinaus erzählen kann. Es ist sicherlich die Interpretation aus einer weiblichen Perspektive heraus, die Erzählweise mit den Augen der Maria Magdalena. Ein Blick, der freilich auf Provokationen oder Verstörungen verzichtet und so wieder auf eher bewährte Erzählkonzepte fußt. Sehenswert ist „Maria Magdalena“ auf jeden Fall durch seine Neuinterpretation der Apostelgeschichte, die hier auch eine anrührende und stilsichere Apostelingeschichte ist.

Rudolf Stumberger

12.03.2018 - Magazin