Skandal um "Märtyrermuseum"

Massenmörder neben Heiligen

Für einen handfesten Skandal hat die Kunst­installation „Märtyrermuseum“ gesorgt. Die Ausstellung, die zunächst im Ber­liner Bezirk Kreuzberg zu sehen war und dieser Tage nach Hamburg umgezogen ist, stellt echte Märtyrer und islamistische Attentäter in eine Reihe. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch erstattete Anzeige gegen die Macher.

Die Tür geht nur wenige Zentimeter auf. Eine junge Frau guckt aus übernächtigten Augen durch den Spalt. Ihr Deutsch ist bruchstückhaft, die Stimme leise. Es wird klar: Man darf hier nicht einfach so rein. Das „Märtyrermuseum“ besteht vor allem aus Fotos und Ton-Collagen. Deutsch ist hier, mitten in Berlin, offenbar unerwünscht. Erläuterungen und biografische Erklärtexte gibt es nur auf Englisch. 

Ausstellung macht Furore

Kaum jemals zuvor hat eine Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien, einem ehemaligen Krankenhaus, für solche Furore gesorgt. Im Schummerlicht werden Fotos von „Märtyrern“ gezeigt. Neben der heiligen Apollonia, dem US-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King oder dem griechische Philosophen Sokrates tauchen gleich mehrere muslimische Massenmörder auf. 

Nicht nur Mohammad Atta, einer der Attentäter vom 11. September 2001, hängt hier an der Wand. Vor allem ein Mann namens Omar Ismael Mustafa, einst vielfach vorbestrafter Kleinkrimineller, wird, unterlegt mit Tanzmusik, verklärend in Szene gesetzt. Mustafa hat 2015 zusammen mit Komplizen im Pariser Konzertklub Bataclan 89 Menschen kaltblütig erschossen. 

Ob dieser Inszenierung ist es kaum verwunderlich, dass sich die Stadt Berlin eilends um Klarstellung bemühte. In einer Pressemitteilung heißt es, dass das „Märtyrermuseum“, das voriges Jahr bereits in Dänemark zu sehen war,  keine offizielle Ausstellung sei und „vom Bezirk weder unterstützt noch gefördert“ werde. Veranstalter ist das „Nordwind-Festival“, das skandinavische und baltische Kunst präsentiert.

Ricarda Ciontos, künstlerische Leiterin des Projekts, erklärt, dass „der Begriff des Märtyrers bei uns und in anderen Ländern oder Kulturen völlig unterschiedlich verwendet“ werde. Genau so, wie im Iran oder Irak „Leute als Freiheitskämpfer verehrt“ werden, „die wir als Mörder und Terroristen empfinden“. Das mag sein. Doch schon ein Blick ins Lexikon macht klar: Märtyrer ist ein zutiefst christlicher Begriff. 

Als Märtyrer werden Menschen bezeichnet, die für ihre Glaubensüberzeugung bereit sind, den Tod auf sich zu nehmen – ohne jedoch selbst anderen Leid zuzufügen. Zum ersten Mal taucht das Wort in einem Bericht aus dem zweiten Jahrhundert über das Martyrium des Polykarp von Smyrna auf. Als erster christlicher Märtyrer gilt Stephanus, der wegen seines Glaubens gesteinigt wurde.

Zwar kennt auch der Islam den Begriff des Märtyrers oder Blutzeugen. Gemeint sind hier vor allem Menschen, die im Krieg oder Kampf ihr Leben lassen – etwa beim Versuch, sich selbst oder andere Muslime zu verteidigen. Von Terroristen ist auch da nicht die Rede. Erst jüngst stellte der Islamwissenschaftler Erdogan Karakaya klar: „Selbstmordattentäter und Terroristen miss­achten jegliche Werte des Islams, allen voran das schützenswerteste Gut, das Leben.“ Das „Märtyrertum“ selbsternannter Dschihadisten gilt als Verirrung.

Bizarr mystifiziert

Warum das „Märtyrermuseum“ hinter diese Definition zurückfällt, und auch vier Mörder so bizarr mystifiziert, lässt sich nicht nur erahnen. „Das ist das Interessante an dieser Ausstellung: dass sie mehr Fragen aufwirft, als Antworten gibt“, sagt Ciontos. Auffallend ist zudem ihre Wahl des Ausstellungsortes. Kreuzberg ist nicht nur Berlins schillerndster Multikultikiez, sondern – neben Neukölln oder dem Wedding – auch einer jener Bezirke, wo radikale Muslime die Anschläge des 11. September 2001 feierten.

In bestimmten Teestuben werden hier bis heute die Attentate von Islamisten auf Israelis und Juden beklatscht. Das alles macht das Konzept der Aussteller, Mörder unkommentiert neben christliche Heilige wie Maximilian Kolbe zu stellen, künstlerisch vielleicht „interessant“, wie Ciontos sagt. Dass es auch gesellschaftspolitisch dumm und fahrlässig ist, erkennt sie nicht. 

Ob gewollt oder ungewollt: Das „Märtyrermuseum“ macht den blutigen Terror im Namen Allahs salonfähig. „Das öffentliche Billigen von Mord“ aber ist eine Straftat, begründet AfD-Vorstandsmitglied Beatrix von Storch ihre Anzeige. „Wer die Bataclan-Massenmörder zum Märtyrer verklärt, billigt auch deren Taten.“

Andreas Kaiser / red

06.12.2017 - Diskriminierung , Heilige