Christi Himmelfahrt –

Mit Jesus in den Himmel fahren

In der ersten Lesung an Christi Himmelfahrt wird den Aposteln gesagt: „Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ Viele Predigten lesen daraus: nicht nach „oben“, ja nicht nach „hinten“ schauen! Vor allem: nicht „hochnäsig“ sein! Dann folgt vielleicht der Appell, das Werk, das den Jüngern nach dem Aufstieg des Herrn anvertraut wurde, auf Erden weiterzuführen.

Unter Juden kursiert ein Bonmot, wonach die Christen ihren Messias so sehr geliebt hätten, dass sie ihn bei der ersten Gelegenheit gleich wieder zurück in den Himmel geschickt hätten. Tatsächlich ist er an Himmelfahrt fort. Weil Jesus bislang nicht ebenso wiedergekommen ist, „wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen“, hören Theologiestudenten, dass die ersten Christen sich mit der Verzögerung der Wiederkunft Christi erst abfinden mussten und daher vieles, was während der Naherwartung seines Kommens geschrieben wurde, nicht wortwörtlich genommen werden sollte. 

Die Trennung überwiegt

Bei manchen Christen kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, sie wären insgeheim froh darüber, dass der Herr auch im Himmel bleibt – so sehr bemühen sie an Pfingsten den Heiligen Geist und spielen ihn als frei-energetisches Pneuma gegen Jesus Christus und seine kirchestiftenden Akte aus. „Charisma“ steht gegen das „Amt“ und kommt besser an.

Authentisches Christsein hält demgegenüber daran fest, dass es auf Erden der Geist Christi ist, der in alle Wahrheit einführt und deshalb die Glieder an Christi Leib auch nicht als Waisen zurückgelassen sind. Doch auch diese Interpreta-tion kann die Trennung nicht überwinden, die gedanklich mit Christi Himmelfahrt verbunden wird. 

Eine ganz und gar nicht trennende Botschaft bietet hingegen das Stundengebet der Kirche. Hymnen und Cantica akzentuieren das Geschehen an Christi Himmelfahrt anders.

Liturgie und Tradition

Den ersten Hinweis gibt schon ein Satz aus dem Tagesgebet: „In der Himmelfahrt deines Sohnes hast du den Menschen erhöht.“ Mit „dem Menschen“ ist Christus als der zweite Adam gemeint. Durch seinen Gehorsam bis zum Kreuz hat er die im ersten Adam ausnahmslos ungehorsamen Menschen entsühnt (siehe Röm 5,12–21, 1 Kor 15,45–48).

Dass es sich bei der Himmelfahrt „des Menschen“ nicht um ein bloß symbolisch-solidarisches Geschehen, sondern wie beim Sündenfall um einen seinshaften Vorgang handelt, unterstreicht der Hymnus „Aeterne rex, altissime – Du höchster Herr der Ewigkeit“ aus dem fünften Jahrhundert: „Zum Thron des Vaters steigst du auf und nimmst zu seiner Rechten Platz; der dich erhöht in Herrlichkeit, er setzt dich ein in seine Macht. Die Engel nehmen staunend wahr, wie sich der Menschen Los gewandt: Was Menschen fehlten, sühnt ein Mensch und herrscht auf ewig: Mensch und Gott.“ Auf die Engel kommen wir noch zurück.

Kurz: In der Person des Herrn Jesus Christus wurde auch die menschliche Natur in den Himmel aufgenommen. Diesbezüglich hegten Väter und Lehrer der Kirche wie Irenäus von Lyon, Athanasius der Große oder Augustinus keine Zweifel und formulierten kühn ihren Vorsehungsglauben: „Gott wurde Mensch, damit der Mensch Gott würde.“ 

Während die westlichen Väter das eher zu Weihnachten als dem Fest der Menschwerdung äußerten, predigte der östliche Theologe Johannes Chrysostomos zu Christi Himmelfahrt: „Unser armseliges Menschengeschlecht, das über die Maßen töricht gewesen, ist heute durch Christus über alles erhöht worden. Unsere Natur, mit unsterblicher Herrlichkeit und Schönheit bekleidet, erstrahlt auf dem königlichen Thron.“

Das westliche Christentum erschrak vor dem eigenen Mut und vergaß die Gottwerdung des Menschen lieber. Dafür triumphierte der Gedanke der „Theosis – Vergöttlichung“ in der Ostkirche. Dass die, die auf Erden zum aufgefahrenen Christus gehören, ihm „oben“ seinshaft verbunden und deshalb auf ihn im Himmel ausgerichtet sind, stellt das östliche Pendant zur westlichen Rechtfertigungslehre dar und ist dort Mittelpunkt des geistlichen Lebens.

Der Sturz der Engel

Zurück zu den Engeln. Sie „nehmen staunend wahr, wie sich der Menschen Los gewandt“. Den apokryphen Legenden nach wären die abgefallenen Engel vom Himmel herabgestürzt worden, als sie sich aus Hochmut weigerten, „dem Menschen“ zu dienen. Laut dem Canticum aus der Offenbarung zur zweiten Festvesper müsste das an Himmelfahrt gewesen sein.

Das Kind Mariens wurde vor dem Zugriff des Drachen zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Zum Kind gehören alle, die „in Christus“ sind. Die Offenbarung schildert den Kampf, an dessen Ende der Drache und seine Engel auf die Erde gestürzt werden. Das bejubelt das Canticum: „Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Königsherrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten; denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und bei Nacht vor unserem Gott verklagte.“ Das wäre die eigentliche Trennung, die an Christi Himmelfahrt geschieht.

Peter Paul Bornhausen