Es bestand nur 14 Jahre und prägte doch nachhaltig Design und moderne Architektur, Kunst und Kultur. Nun wird das Bauhaus 100. Walter Gropius hat es am 12. April 1919 in Weimar, in Thüringens Klassikerstadt, gegründet. Geboren wurde damals auch die Idee, durch industrielle Massenfertigung bezahlbaren Wohnraum und preiswerte Gerätschaften für die weniger Wohlhabenden zu schaffen.
Eine schlichte Kinderwiege ist nun zum Sinnbild des Bauhaus-Jubiläums geworden. In Weimar ist das Motiv unübersehbar: Es ziert die Begrüßungsstelen am Ortseingang und am Bahnhof, findet sich auf Plakaten und Prospekten, auf dem Bauhaus-Stadtplan und dem Veranstaltungskalender. 1922 hatte der damals 20-jährige Peter Keler diese Wiege in den Bauhaus-Formen Dreieck, Quadrat und Kreis gezimmert. Er orientierte sich an dem von Wassily Kandinsky entwickelten Farbkanon aus Gelb, Rot und Blau. Das war Bauhaus-Stil pur.
„Wenig erfreuliche Welt“
In der Wiege hat später sein Sohn Jan gesessen. Die Schwarzweiß-Fotos, die Peter Keler 1942 mit dem einjährigen Jan darin machte, zeigen die „Wiege, aus der ich fröhlich die damals wenig erfreuliche Welt anlächle“, sagt das ehemalige Wiegenkind heute. Sein Vater habe die Wiege in den 1960er Jahren den Kunstsammlungen in Weimar als Grundstock für die im Aufbau befindliche Bauhaus-Abteilung geschenkt, fügt Keler hinzu.
Nun wird sie zu einem der wichtigsten Exponate im neuen Bauhaus-Museum, einem minimalistischen Kubus von weißer Farbe, der nachts zu leuchten beginnt. Entworfen wurde das Gebäude von der Berliner Architektin Heike Hanada. Ab diesem Samstag können Besucher die dort ausgestellten Schätze bestaunen. Erstmals kann Weimar so seine 13 000 Stücke umfassende Sammlung von Kunstwerken der Moderne adäquat präsentieren. Sportliche können auf der „Himmelsleiter“, einer Treppe mit 50 Stufen, zu den Ausstellungsräumen emporsteigen.
Weimar, wo alles begann, hat also die Nase vorn beim Jubiläum. Dessau, der andere Ort, der eng mit der Bauhaus-Geschichte verbunden ist, eröffnet sein neues Bauhaus-Museum erst im September. In Berlin, das die größte Sammlung an Bauhaus-Gegenständen besitzt, wird das von Walter Gropius entworfene Bauhaus-Archiv für Gestaltung restauriert und durch einen modernen Anbau erweitert. Das dürfte noch bis 2021/22 dauern.
Dennoch begehen die drei Städte das Bauhausjubiläum gemeinsam, haben das Thema auch schon seit 2016/17 in diversen Schulen behandelt. Denn Bauhaus bedeutet nicht nur neues Bauen, sondern auch neues Denken. Die Jugend soll diese Ideen weitertragen. Gelegenheit für alle gibt es reichlich, zum Beispiel bei der „Grand Tour der Moderne“ durch Deutschland. Rund 100 Veranstaltungen sind geplant.
Als Walter Gropius das Bauhaus 1919 in Weimar gründete, musste er kein neues Gebäude errichten. Mit den Studenten und den Künstlern, die er als Lehrer gewonnen hatte, zog er in die vom niederländischen Architekten und Designer Henry van de Velde geschaffene Kunstakademie und gab ihr den neuen Namen „Staatliches Bauhaus“.