Ausgerechnet ein römischer Kaiser, noch dazu ein Schwärmer für den antiken Sonnengott Sol, ebnete dem christlichen Sonntagsfest den Weg. „Alle Richter, die städtische Bevölkerung und alle Gewerbe sollen am verehrungswürdigen Tag der Sonne ruhen“, ließ Konstantin der Große sein Volk im März 321 wissen.
Im Gegensatz zum bis dahin bestimmenden Kalender, der den Sabbat oder den Tag des Saturn – also den Samstag – als Ruhetag markierte, erhob Konstantin den Sonntag zum arbeitsfreien Feiertag. Nur die Bauern sollten weiter ihre Felder bestellen, „damit nicht die Gunst der Gelegenheit, die durch himmlische Vorsehung gegeben ist, verpasst werde“.
Der Sonntag als staatlicher Ruhetag diente freilich nicht dem wöchentlichen Gedenken an den von den Toten auferstandenen Christus. Er sollte auch keinen Ehrerweis an die Sonne darstellen, die in der Antike große Verehrung genoss. Konstantin wollte vielmehr Stützmauern für ein morsch gewordenes Reich aufrichten, in dem damals gleich mehrere Kaiser um die Macht kämpften und die Christen zum festen Bestandteil geworden waren.
Populärste Gottheit
Mit der Schaffung eines wöchentlichen Ruhetags kam Konstantin sowohl dem Kult der Christen entgegen als auch den heidnischen Vorstellungen vom „Sol invictus“: dem unbesiegten Sonnengott, der vor allem im Osten des Römerreichs seine Anhänger hatte und neben Jupiter die populärste römische Gottheit war. Auch mit seiner Forderung nach sonntäglicher Freilassung von Sklaven wurde Konstantin Christen und Heiden gerecht.
„Dies soli“ (Tag der Sonne) wurde der arbeitsfreie Sonntag genannt. Mit ihm hatten die Christen einen neuen festen Termin für ihre wöchentlichen Zusammenkünfte, die anfangs wie bei den Juden für gewöhnlich am Sabbat stattfanden – ganz im Sinne des Alten Testaments, das den Sabbat als heilig festgeschrieben hatte.
"Am siebten Tag ruhte er"
So heißt es im Buch Exodus: „Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin und dein Vieh und dein Fremder in deinen Toren. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der HERR den Sabbat gesegnet und ihn geheiligt“ (Ex 20,9–11).
Unterschied zwischen jüdischem Sabbat und christlichem Sonntag
In eben diesem Geist hatten sich die frühen Christen versammelt. Paulus suchte am Sabbat die Synagoge auf, um im Sinne Jesu die dort verlesenen alttestamentlichen Verse zu kommentieren. Gleichzeitig mühten sich Christi Jünger, den Unterschied zwischen dem jüdischen Sabbat und dem christlichen Sonntag klar zu benennen. Nicht immer war das erfolgreich, sodass viele frühe Christen gleich zweimal in der Woche feierlich zusammenkamen – nämlich samstags und sonntags.
Das änderte sich, als die Christen nichtjüdischer Herkunft begannen, ihre frühmorgendlichen Sonntagsfeiern weniger aus dem Geist der Schöpfungsgeschichte als im Gedenken an die Auferstehung Christi zu interpretieren, in der theologisch betrachtet das Heil der Welt wurzelt. Der Sonntag wurde so zum Tag des Herrn – zum wöchentlichen Osterfest sozusagen.
„Nicht nur an Ostern“
„Auf Grund der verehrungswürdigen Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus feiern wir den Sonntag nicht nur an Ostern, sondern auch in jedem Wochenzyklus“, stellte Papst Innozenz I. Anfang des fünften Jahrhunderts fest. Der Kirchenlehrer Augustinus (354 bis 430) unterstrich diese Auffassung. Er etikettierte den Sonntag schlicht als Ostersakrament.
Diese christozentrische Weltsicht war der Schlüssel für die Verankerung des Sonntags als wöchentlichem Festtag. Die frühmorgendliche und deshalb oft nächtliche Sonntagsliturgie wurde mit Lichteffekten angereichert, die den heidnischen Kult um den Sonnengott vergessen lassen sollten. Krönung dieser theologischen Neuausrichtung war die Terminierung des Weihnachtsfests auf den Festtag des „Sol invictus“, den 25. Dezember.
Auch Kaiser Konstantin, Sonntagsverfechter und überzeugter Anhänger des „Sol invictus“, rückte nach seiner Taufe drei Jahre nach Verkündung seiner Sonntagsregeln vom heidnischen Sonnengott ab. Allerdings nötigte er während seiner Amtszeit niemanden zur Sonntagsfeier und stellte seinen Soldaten frei, weiterhin der Sonne zu huldigen.
Ein echter Herrentag
Bis aus dem Sonnentag ein echter Herrentag wurde, sollte es noch ein paar Jahrzehnte dauern – auch wenn das Christentum ab dem Jahr 380 Staatsreligion war. Erst Arcadius und Honorius, die beiden Söhne des letzten römischen Alleinherrschers Theodosius (347 bis 397), sprachen im August 399 erstmals in einem Erlass vom „Dies dominica“ (Herrentag) statt vom „Dies solis“.
Sonntagsgebot als religiöses Fundament
Für Katholiken ab sieben Jahre gehört das Sonntagsgebot heute zum religiösen Fundament. Es ist die Pflicht, jeden Sonn- und Feiertag an einem Gottesdienst teilzunehmen. Die Vorschrift wurzelt in den Zehn Geboten, die Gott der biblischen Erzählung zufolge auf Steintafeln geschrieben und dem Propheten Moses übergeben hat.