1000 Jahre Wormser Dom

Wo Kardinäle und Kaiser tagten

1000 Jahre wird der Wormser Dom dieses Jahr alt. Ein romanisches Prunkstück und einer der sogenannten deutschen Kaiserdome. Auf alle Fälle ein mächtiger Bau mit großer Geschichte. Eine der beiden Papstwahlen auf deutschem Boden erlebte er, ebenso wie die prunkvolle Hochzeit Kaiser Friedrichs II. mit der Nichte von Richard Löwenherz. Vor allem aber war er Kulisse mehrerer Reichstage, deren spektakulärster 1521 stattfand. Damals wollte Kaiser Karl V. den Reformator Martin Luther dazu zwingen, seinen Thesen abzuschwören. 

Zu übersehen ist er nicht, der mächtige Bau mit den das Stadtbild prägenden Türmen. Auf dem höchsten Punkt der Innenstadt thront der steinerne Riese im Häusermeer. Bis heute ist der romanische Dom das Wahrzeichen der Stadt, monumentales Zeugnis der Wormser Stadt- und Kirchengeschichte – und Grablege der salischen Könige, die lange Zeit in Worms zu Hause waren. 

Seit 1925 gilt der Dom als „Basilica minor“ – ein vom Papst verliehener Ehrentitel, mit dem er die historische Bedeutung des Gotteshauses unterstrich. Seine Ursprünge reichen zurück in die frühchristliche Epoche der Stadt, seine heutige Form aber erhielt der dem Apostel Petrus geweihte Dom erst Anfang des zweiten Jahrtausends. 

Mit Duldung der am Rhein regierenden Römer soll im frühen fünften Jahrhundert für kurze Zeit ein Burgunderreich entstanden sein, dessen Zentrum die Jahrhunderte später entstandene Nibelungensage nach Worms verlegte. Eine der Regentinnen im ostfränkischen Reich Austrasien war Brunichildis (um 545/550 bis 613), die Tochter eines Gotenkönigs. Als Papst Gregor der Große ihr Reliquien der Apostel Petrus und Paulus geschenkt hatte, so heißt es, wurde in Worms auf den Grundmauern des zerstörten römischen Forums eine schlichte, frühmittelalterliche Basilika errichtet – eine der ältesten Bischofskirchen auf deutschem Boden. 

Unter den Karolingern erlangte Wormatia, wie sich die Stadt damals nannte, mehr und mehr an Bedeutung. Aber erst mit den heute in der Kaisergruft des Domes begrabenen Saliern machte Worms große Geschichte. Schließlich ging mit Gregor V., der ebenfalls aus den Reihen der Salier stammte, der erste deutsche Papst hervor. Er wurde in Worms ausgebildet, wo er als Kaplan seelsorgerische Erfahrungen sammelte. 

Zu klein und unmodern

Auch wenn die erste Bischofskirche immer wieder erweitert und modernisiert wurde, war sie dem populären Wormser Bischof Burchard (um 965 bis 1025) zu klein und zu altmodisch. Anfang des vergangenen Jahrtausends ließ er die alte Kirche deshalb abreißen und neu bauen. Obwohl noch nicht ganz fertig, wurde der Wormser Dom in Anwesenheit Kaiser Heinrichs II. anno 1018 geweiht. 

Weil beim Dombau aber großflächig gepfuscht wurde und ständig neue Mauern einstürzten, ließen Burchards Nachfolger das Bauwerk komplett abreißen und ab 1130 neu zusammensetzen. Zuerst den Ostteil mit Querschiff, Türmen und Vierungsturm, ab 1160 den dreischiffigen Hauptteil und ab 1171 den Westchor mit seinen Türmen, die heute zu den ältesten Teilen des Doms zählen. 

Der neue Dom war Aushängeschild einer Stadt, in der viele Jahre die politischen Weichen Europas mit gestellt wurden. Nicht immer taktierte man dabei vorsichtig, etwa als der Salierkönig Heinrich IV. gegen den Willen des Papstes königstreue Bischöfe in Italien ernannte. Erst mit dem berühmten Bußgang nach Canossa konnte Heinrich den Konflikt mit dem Kirchenoberhaupt entschärfen. Als sich aber auch sein Sohn, Kaiser Heinrich V., mit dem Papst anlegte und das Recht der Bischofsernennung für sich beanspruchte, kam es zum Bruch mit Rom, der erst mit dem sogenannten Wormser Konkordat 1122 aus der Welt geschaffen wurde. 

Im Mittelalter gehörte Worms zu den großen Städten im Reich, dessen Dynamik sich auch im Dombau ausdrückte. So wurde im frühen 14. Jahrhundert das Südportal als Bilderbibel neu gestaltet. Die Wormser Dompforte war so etwas wie heute der New Yorker Times ­Square.­ 

Die romanische Nikolauskapelle mit den Reliquien des heiligen Nikolaus, die Kaiserin Theophanu aus Byzanz anlässlich ihrer Hochzeit mit Kaiser Otto II. im Jahre 972 gestiftet hatte, wurde durch eine größere Kapelle ersetzt. Für die im Pfälzischen Erbfolgekrieg verloren gegangenen Reliquien beschafften die Wormser Ende des 20. Jahrhunderts eine neue Nikolaus-Reliquie, die jetzt hinter Glas liegt. Prunkstück der Kapelle aber ist das von Löwen getragene Taufbecken, entstanden gegen 1490 und Vorbild vieler weiterer Taufsteine in der Umgebung. 

Kanonen- und Bombenhagel, Blitz- und Hagelschlag, Sprengungen und Großfeuer führten immer wieder zu Neugestaltungen des mächtigen Bauwerks. 1689 brannte der Dom komplett aus. Nahezu die gesamte Innenausstattung ging verloren. Schon im frühen 18. Jahrhundert aber begann man mit der Erneuerung des Gotteshauses. 1740 wurde der eindrucksvolle Hochaltar nach einem Entwurf des Würzburger Architekten Balthasar Neumann geschaffen, das Chorgestühl im Rokokostil fertigte der Mainzer Hofschreiner.

Auflösung des Bistums

Ende des 18. Jahrhunderts attackierten französische Revolutionstruppen die Stadt und nutzten den Dom als Pferdestall und Speicher. Mit der Säkularisation löste sich das bis dahin eigenständige Wormser Bistum auf. Der Kreuzgang und seine Nebengebäude wurden abgerissen. Die schönsten der gotischen Kreuzgang-Reliefs finden sich heute im nördlichen Seitenschiff  – unter anderem ein feingliedriger Stammbaum Christi (1488), in den sich Johann von Dalberg als Stifter hat mit einbauen lassen. Aufmerksamkeit haben auch die Darstellungen von Christi Geburt (1515) und seiner Grablegung (um 1488) verdient, allesamt eindrucksvolle Bildhauerarbeiten. 

Von den mittelalterlichen Glasfenstern ist keines mehr erhalten. Sie wurden meist durch moderne Bilder ersetzt. Als Beispiel menschlicher Sündhaftigkeit hat so auch der „Turmbau zu Bablis“ in einem der Fenster Platz gefunden, ein Bild, das auf das nahe gelegene, inzwischen aber still gelegte Kernkraftwerk Biblis verweist. 

Nach gründlichen Renovierungen in den letzten Jahrzehnten ist der Wormser Dom noch immer das Wahrzeichen der Stadt. In seinem Schatten finden heute auch Jahr für Jahr die populären Nibelungen-Festspiele statt, inzwischen das kulturelle Aushängeschild der Stadt. 2018 werden sie mit dem Domjubiläum konkurrieren, zu dem die Deutsche Post eine eigene Sondermarke auflegt. „Aufgeschlossen“ ist das Motto des Festjahres, das auf den Petrusschlüssel im Domwappen Bezug nimmt. „Wir wollen uns im Jubiläumsjahr als aufgeschlossene, lebendige und zukunftsorientierte Kirche präsentieren“, heißt es bei den Verantwortlichen, „denn wir feiern nicht tausend Jahre alte Steine, sondern der Dom ist für uns Bild für eine quicklebendige Kirche und Ort, wo Gott auch heute und in Zukunft den Menschen begegnen will.“  Günter Schenk

Informationen

Zum Auftakt des Jubiläumsjahrs überträgt das ZDF am 28. Januar um 9.30 Uhr einen Gottesdienst aus dem Dom. Vom 4. bis 10. Juni ist eine Festwoche mit feierlichem Pontifikalamt und Konzerten geplant.

22.01.2018 - Deutschland , Magazin