Kana ist der Ort, an dem Jesus nach den Angaben des Johannesevangeliums sein erstes Wunder gewirkt hat. Maria, seine Mutter, sah, wie bei einer Hochzeitsfeier der Wein ausging. Sie machte ihren Sohn darauf aufmerksam und er verwandelte Wasser in Wein. Wo aber lag das historische Kana?
In der gleichen galiläischen Ortschaft siedelt der Evangelist auch Jesu zweites Wunder an: die Heilung des Sohns eines königlichen Beamten, der in Kafarnaum krank daniederlag (Joh 4,45–54). Die ältesten Aussagen christlicher Autoren der nachbiblischen Epoche sprechen von Kana als einem Wallfahrtsort in der Nähe von Nazareth. „Nicht weit von hier kann man Kana am Horizont erblicken, den Ort, wo Wasser in Wein verwandelt wurde“, schreibt der heilige Hieronymus Ende des vierten Jahrhunderts.
Die Stadt befindet sich seinen Angaben zufolge auf dem Weg zum See Genezareth: „Schnellen Schrittes gelangt man nach Nazareth, jene Stadt, in der Jesus aufwuchs, sowie nach Kana und Kafarnaum, die Zeugen seiner Wunder waren, zum See Tiberias, der geheiligt ist durch die Überfahrten des Herrn, und schließlich zur Wüste, wo sich mehrere Tausende mit einigen wenigen Broten sättigten und man von den Überresten noch so viele Körbe füllte, wie es Stämme in Israel gibt.“
Andere Zeugnisse erwähnen ein Heiligtum, das von den Christen zum Andenken an das erste Wunder Jesu erbaut wurde. Sie sprechen auch von einem oder zwei steinernen Wasserbehältern, die man zur Erinnerung daran aufbewahre. Im Dorf selbst muss es wohl eine Quelle gegeben haben. Einer dieser Berichte stammt von einem anonymen Pilger des sechsten Jahrhunderts, etwa aus dem Jahr 570.
„Nach drei Meilen gelangt man nach Kana, wo der Herr an einer Hochzeit teilnahm“, schreibt der Pilger. „Wir setzten uns an diesen Ort und ich ritzte den Namen meiner Eltern dort ein. Es gibt noch zwei Krüge. Ich füllte einen mit Wasser und schüttete Wein hinzu. Ich lud ihn auf meine Schultern, trug ihn zum Altar und leerte ihn darüber aus. Später wuschen wir uns an der Quelle der Segnungen.“
Obwohl diesen Zeugnissen zweifellos ein großer Wert beigemessen werden muss, tragen sie doch nicht dazu bei, die Lage von Kana genauer festzulegen. Im Laufe der Zeit haben sich zwei wesentliche Traditionen und Vermutungen herausgebildet, wo der biblische Ort gelegen haben könnte. Ein Kandidat ist Kafr Kanna („Dorf der Schwiegertochter“), acht Kilometer nordöstlich von Nazareth gelegen. Archäologen konnten dort einen bereits im zweiten vorchristlichen Jahrhundert bewohnten Ort nachweisen, der von einer Quelle gespeist wurde.
Im 16. Jahrhundert waren die Bewohner zum großen Teil Muslime. Jedoch bewahrten sie die Überlieferung des Weinwunders Jesu: Damalige Pilger berichteten von einer verfallenen Moschee. Von dort könne man durch einen unterirdischen Gang eine in Trümmern liegende Kirche betreten. Diese habe einst Kaiser Konstantin mit seiner Mutter Helena erbaut.
1641 ließen sich dort Franziskaner nieder und kümmerten sich um die Überreste. 1883 errichteten sie über den Ruinen die „Hochzeitskirche“. Zwei Jahre später bauten sie eine Kapelle zu Ehren des Apostels Bartholomäus, der im Neuen Testament auch unter dem Namen Nathanaël erwähnt wird und gemäß Joh 21,2 aus Kana in Galiläa stammte. Aus Anlass des Heiligen Jahres 2000 wurden durch den Franziskaner-Archäologen Stanislao Loffreda Nachforschungen vor Ort unternommen.
Loffreda fand Reste einer Kreuzfahrer-Kirche über Ruinen von Wohnhäusern aus dem ersten Jahrhundert. Diese könnten im dritten bis vierten Jahrhundert Judenchristen als Gebetsräume gedient haben. Zu den Funden gehört ein Atrium mit mosaikgeschmücktem Boden. Seine aramäische Inschrift lautet übersetzt: „Zum guten Andenken an Jose, Sohn des Tanhum, des Sohnes Butas, und seiner Söhne, die diese Tafel gemacht haben. Der Segen sei für sie. Amen!“