Kommentar

Zehntausende, die leben wollen

20 000 bis 60 000 Embryonen liegen in Deutschland auf Eis, sagt Weihbischof Anton Losinger im Interview. Städte in der Größenordnung von Lindau oder sogar Passau könnten mit ihnen bevölkert werden. Viele dieser ungeborenen Menschen werden wohl niemals das Licht der Welt erblicken. 

Sie sind Überreste künstlicher Befruchtung und werden großteils nicht mehr gebraucht. Ihre Eltern haben bekommen, was sie wollten. Oder sie haben ihren Kinderwunsch aus Frust, Geldmangel oder wegen gesundheitlicher Probleme aufgegeben. Und die überzähligen Embryonen? Die werden vernichtet. 

Doch es geht hier um Menschen, zwar in Form eines Embryos, aber doch um werdende Menschen. Zehntausende, die nur darauf warten, eine Chance zu bekommen. Eigentlich dürfte diese Zahl gar nicht so hoch sein. Schließlich gibt es in Deutschland die sogenannte Dreierregel, laut der nur so viele Eizellen befruchtet werden dürfen, wie dann der Mutter eingesetzt werden – und das sind pro Zyklus höchstens drei. Doch viele Ärzte legen diese Vorgabe weiter aus und befruchten mehr Eizellen, als sie anschließend einpflanzen. Sie wollen, dass der Eingriff erfolgreich ist: Der Kinderwunsch soll erfüllt werden und die Patienten zufrieden nach Hause gehen.

Unvorstellbar, wie sich ein Ehepaar, das schon seit Jahren vergeblich versucht, auf natürlichem Weg Kinder zu bekommen, fühlen muss, wenn es dann wieder nicht klappt – nicht einmal mit der künstlichen Befruchtung. Wohl keiner, der das nicht selbst erlebt hat, kann die Enttäuschung, die Verzweiflung, nachvollziehen. Daher ist das Anliegen der Ärzte durchaus verständlich. 

Doch die unbedingte Erfüllung des Kinderwunschs geht auf Kosten von zehntausenden Embryonen. Hier muss der deutsche Gesetzgeber eingreifen. Die Dreierregel muss klar definiert und ihre Übertretung sanktioniert werden. Noch viel wichtiger: Die Eltern und Mediziner müssen lernen, Embryonen als das wertzuschätzen, was sie sind: Menschen, die ein Recht auf Leben haben.

Romana Kröling

22.01.2018 - Deutschland , Gesundheit