Würdigungen und Pläne für Neuordnung

Reaktionen auf Rückzug des Missbrauchsbeauftragten Ackermann

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Vertreter von Betroffenen und religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktionen haben die Arbeit des Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, gewürdigt. Zugleich betonten sie, dass es nach zwölf Jahren Zeit sei, das Amt neu auszurichten. 

Ackermann hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass er das Amt des Missbrauchsbeauftragten der Bischofskonferenz zur Herbstvollversammlung in Fulda im September abgeben werde. Zugleich kündigte die Bischofskonferenz an, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen neu aufzustellen.

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, betonte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), die Beauftragung Ackermanns 2010 sei ein wichtiges Signal gewesen, das zu diesem Zeitpunkt so deutlich von keiner anderen Institution gekommen sei. Zugleich habe er durch sein Verhalten als Bischof in Trier viel Kritik auf sich gezogen.

Ackermann habe entscheidend dafür gesorgt, dass Prävention und Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche vorangetrieben würden, sagte Claus. Seit 2010 wurden konsequent wichtige Schritte bei der verbindlichen Weiterentwicklung der Prävention und Intervention für alle Bistümer erreicht. 

Dagegen habe er als Trierer Bischof viel Unmut auf sich gezogen. Claus nannte in diesem Zusammenhang die Nennung des Klarnamens einer unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe. Sie erklärte weiter, sie hoffe, dass nun mit Blick auf die Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche kein Vakuum entstehe, da ein Konzept zur Neuaufstellung erst im Herbst vorgestellt werden solle. 

Der Sprecher der Betroffenenorganisation "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, sagte, es sei Zeit für einen Neuanfang. Die Schwächen, die bei Ackermanns Arbeit zutage getreten seien, fielen "auch in die Verantwortung seiner Mitbrüder, die ihn dafür beauftragt haben", so Katsch auf Anfrage. 

Katsch erklärte weiter, es sei gut, dass Ackermann nach zwölf Jahren die Aufgabe als Missbrauchsbeauftragter abgebe. Gerade durch eigene Verstrickungen in den Umgang mit Fällen sexueller Gewalt in seinem Bistum sei das schon länger notwendig gewesen. Er hob hervor, dass Ackermann sich dem Austausch mit Betroffenen gestellt habe, "auch wenn das oft im Ergebnis folgenlos blieb". 

Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Lars Castellucci, betonte, es sei höchste Zeit, dass die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Rahmen der katholischen Kirche auf eine verlässliche Grundlage gestellt werde. Wer Bischof Ackermann nachfolge, müsse eine der Bedeutung der Aufgabe entsprechende Ausstattung an Ressourcen und Kompetenzen erhalten. 

Es müsse einen "verbindlichen gemeinsamen und überprüfbaren Rahmen für die Aufarbeitung in ganz Deutschland" geben. Die Ergebnisse von Studien müssen vergleichbar sein und sich zu einem Gesamtbild addieren lassen. Zudem brauche der Aufarbeitungsprozess einen verbindlichen zeitlichen Rahmen, damit auch wieder nach vorne geschaut werden könne. Auch eine unabhängige und ausreichend ausgestattete Selbstorganisation der Betroffenen sei dringend erforderlich, um die nötige Augenhöhe mit den Kirchenvertretern zu schaffen.

KNA

13.05.2022 - Gremien , Kirche , Missbrauch