Ministerpräsident, ZdK-Chef und Kaiserslautern-Fan

Der Politiker Bernhard Vogel wird 90 Jahre alt

Fast ein Vierteljahrhundert war er Regierungschef in Ost- und Westdeutschland. Aber Bernhard Vogel ist mehr. Zum Beispiel engagiertes Kirchenmitglied und bekennender Fan des 1. FC Kaiserslautern.

Der Mann wirkt sehr fit - physisch und geistig. Bemerkenswert für einen Menschen, der am heutigen Montag seinen 90. Geburtstag feiert. Aber bei Bernhard Vogel ist manches anders. Bis heute ist der CDU-Politiker der Einzige, der im Osten und im Westen Ministerpräsident war. Fast ein Vierteljahrhundert war er Regierungschef: von 1976 bis 1988 in Rheinland-Pfalz und von 1992 bis 2003 in Thüringen.

Das Alter nennt er eine Anstrengung, die sich aber wie jede Anstrengung lohne. Insgesamt, so sagt er über sich, "geht es mir gut - wenn man das Schlechte weglässt". Ein typischer Vogel-Satz, der neben Gesagtem zugleich Unausgesprochenes beinhaltet. Auch im hohen Alter besticht er mit freundlichem und humorvollem Umgang. Verletzende Äußerungen sind ihm fremd. Selbst dann, wenn er Kritik übt, geschieht das immer mit Respekt und oft verwoben mit einem Lob für das Gegenüber.

Vogel ist fest davon überzeugt, dass er mit dieser Art letztlich mehr Gehör findet und verändern kann als mit öffentlichem Krach und Radau. So verwundert es auch nicht, dass der seit Jahrzehnten privat in Speyer beheimatete Junggeselle bis heute weit über Rheinland-Pfalz und Thüringen hinaus sehr beliebt und wegen seiner Kontakte einflussreich ist. Vielleicht wollen auch deshalb so viele mit ihm feiern: die Länder, die er leitete, und die Konrad-Adenauer-Stiftung, bei der er mehrfach als Vorsitzender Verantwortung übernahm.

Entscheiden können und neue Wege gehen war immer ein wichtiger Zug seines Handelns. Zu seinen wichtigsten Entscheidungen zählt er die Gründung der damaligen Doppeluniversität Trier-Kaiserslautern und den Start des privaten Rundfunks 1984 in Ludwigshafen. Zu seiner Bilanz gehört auch, dass ihm nicht alles gelang - etwa nach der Wende den Kalibergbau in Nordthüringen zu erhalten. Bei anderen Dingen zeigt er sich heute froh, dass sie scheiterten. Damit meint er vor allem den aus heutiger Sicht unvorstellbaren Plan, im Hunsrück eine atomare Wiederaufbereitungsanlage wie im französischen La Hague zu errichten.

Am Herzen liegt Vogel das Zusammenwachsen Deutschlands. Die Wiedervereinigung sei alles in allem gelungen, die Bundesbürger hätten Grund, stolz und dankbar zu sein. "Weil der Osten etwa geschafft hat, was man uns Deutschen nicht zugetraut hat: eine friedliche Revolution, ohne dass ein Tropfen Blut floss. Und der Westen hat in einem ungewöhnlichen Ausmaß personell und finanziell geholfen." Trotzdem gelte es zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht alle Unterschiede überwunden seien: "Wir haben 40 Jahre in unterschiedlichen Welten gelebt und unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Darauf wird zu wenig Rücksicht genommen."

Gleichfalls ein persönliches Anliegen ist Vogel seine Kirche, mit der er sich nicht nur wegen seiner Zeit als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zwischen 1972 und 1976 bis heute verbunden fühlt. Dem Reformprojekt Synodaler Weg wünscht er viel Erfolg und zeigt sich gegenüber den Veränderungswünschen aufgeschlossen, aber "ich glaube nicht, dass davon allein die Zukunft der Kirche abhängt". Weltweit nehme - anders als in Deutschland - die Zahl der Katholiken und Priester zu, und "wir drohen, gelegentlich zu sehr Nabelschau zu betreiben".

Wenn im kommenden Jahr die Weltbischofssynode startet, hält Vogel die Chance für Veränderungen für viel größer: "Die Hoffnung habe ich, aber alles hängt von der Bereitschaft von Papst Franziskus ab, nicht nur Veränderungen anzukündigen, sondern auch Entscheidungen zu treffen."

Möglich indes, dass sich bei Vogel selbst schneller als gedacht etwas ändert: Zwar hängt an seiner Garderobe nicht mehr wie früher der teuflisch rote Fanschal des 1. FC Kaiserslautern - aber für den Fall des Aufstiegs in die Erste Liga zeigt Vogel sich nicht abgeneigt, wieder zum Betzenberg zu pilgern. Nach zuletzt drei Siegen in Folge kein Ding der Unmöglichkeit. Auch die Anstrengung könnte sich lohnen. Und fit genug wirkt er.

Michael Jacquemain/KNA

19.12.2022 - Jubiläum , Politik , VIP