Ein Jahr nach der Flut

Trauer, Gedenken und Dank

Am ersten Jahrestag der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben am Donnerstagabend Vertreter aus Politik und Kirchen der Opfer gedacht. In Euskirchen fand ein Gedenkgottesdienst in der Kirche Herz Jesu statt, die auch vom Hochwasser betroffen war. An der Feier nahmen unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) teil.

"Wir trauern gemeinsam und vereint", sagte Steinmeier. "Viele von Ihnen haben alles verloren, Ihre Häuser, Ihren Besitz, Ihre Erinnerungen, Ihre Lebensträume, Ihre Existenz." Es dauere noch Jahre, bis die "furchtbaren Zerstörungen" ganz beseitigt seien.

Zugleich zeigte sich der Bundespräsident beeindruckt über das Engagement der Betroffenen sowie der freiwilligen und professionellen Helfer. Die Schäden der Flut seien sichtbar - "sichtbar ist aber auch, was Sie geleistet haben im vergangenen Jahr". An die Verantwortlichen in Bund und Länder appellierte das Staatsoberhaupt, mit ihrer Unterstützung nicht nachzulassen und den Menschen unbürokratisch zu helfen. Das ganze Land müsse eine Antwort darauf finden, wie der Katastrophenschutz zu verbessern und der Klimawandel effektiver zu bekämpfen sei.

Ähnlich äußerte sich NRW-Ministerpräsident Wüst: "Der Schutz unseres Klimas und die Bewahrung der Schöpfung sind die größten Aufgaben unserer Zeit." Der Verlust geliebter Menschen sei das Schlimmste, was die Hochwasserkatastrophe angerichtet habe. Wüst dankte den Helfern vor Ort, ohne die noch mehr Menschen ihr Leben verloren hätten. Die Solidarität habe den Betroffenen wieder Hoffnung gegeben, sagte Wüst. "Aber der Wiederaufbau kostet Kraft und ist auch mit Rückschlägen verbunden." Der Ministerpräsident kündigte an, in Erinnerung an die Todesopfer in NRW einen Gedenkwald mit 49 Bäumen zu schaffen.

Der rheinische evangelische Präses Thorsten Latzel dankte in seiner Predigt für "eine immense Spenden- und Hilfsbereitschaft". Zugleich rief er zu weiterer Solidarität auf. "Wir brauchen eine Gemeinschaft, in der wir einander beistehen - ob in Gummistiefeln, am Gartenzaun oder indem wir anderen die Sorge vor dem kommenden Winter nehmen", sagte er. Für die katholische Kirche nahm der Kölner Generalvikar Guido Assmann in Vertretung von Kardinal Rainer Maria Woelki teil.

Bei der ökumenischen Feier erklangen Glockenschläge in Erinnerung an die Todesopfer. 183 Menschen kamen in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz um.

Auch im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler fand am Donnerstagabend eine Gedenkfeier für die Opfer im Ahrtal und in der Eifel statt. An dem Gedenken nahmen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) teil. Im Fokus stand die Erinnerung an die 134 Todesopfer im Tal, deren Namen auf einem Bildschirm erschienen und die dann als Stern an einen virtuellen Sternenhimmel projiziert wurden.

Dreyer betonte: "Es gibt Einschnitte im Leben, die kann man nicht alleine aushalten, weil der Schmerz zu groß, die Last zu erdrückend ist." Die Menschen im Ahrtal brächten eine beeindruckende Kraft auf, der Zerstörung jeden Tag ins Auge zu schauen und ihr etwas Neues entgegenzusetzen. Zugleich dankte Dreyer für die große Hilfsbereitschaft von Einsatzkräften und freiwilligen Helfern nach der Katastrophe.

KNA

15.07.2022 - Gedenken , Naturkatastrophe , Politik