Weltkongress der Religionen in Kasachstan

Friedensappell des Papstes: Rechtfertigen wir niemals Gewalt

Mit einem leidenschaftlichen Friedensappell hat sich Papst Franziskus am Mittwoch als Hauptredner an die Teilnehmer des Weltkongresses der Religionen in Kasachstan gewandt. "Rechtfertigen wir niemals Gewalt. Lassen wir nicht zu, dass das Heilige vom Profanen instrumentalisiert wird", lautete sein Appell an etwa 100 Delegierte aus 50 Ländern, die im Unabhängigkeitspalast der Hauptstadt Nur-Sultan um einen großen runden Tisch versammelt waren.

Zuvor hatte der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew betont, das Treffen finde in "Zeiten von Unsicherheit" statt. "Bedrohungen, Sanktionen und Gewalt lösen keine Probleme", sagte er.

Zur Eröffnung der Konferenz hatten die Religionsführer zu Beginn kurz schweigend gebetet. Der Papst führte in seiner Rede aus: "Das Heilige darf nicht zur Stütze von Macht werden, und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen! Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg."

Ohne ihn beim Namen zu nennen, distanzierte sich Franziskus damit deutlich von den Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. Dieser hatte in den vergangenen Monaten wiederholt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit religiöser Rhetorik zu rechtfertigen versucht.

Nachdrücklich wandte sich der Papst auch gegen alle Formen von religiösem Fanatismus und Fundamentalismus und sagte: "Die Stunde ist gekommen, um aus dem Fanatismus zu erwachen, der jedes Bekenntnis beschmutzt und verletzt." Zugleich verteidigte das Kirchenoberhaupt die Religionsfreiheit und erinnerte an ihre Unterdrückung in den Jahrzehnten der sowjetischen Herrschaft (1917/22-1991).

Auf der Suche nach Frieden seien die Religionen nicht das Problem, sondern Teil der Lösung für ein harmonisches Zusammenleben im Geist von Geschwisterlichkeit, unterstrich der Papst. Auch Demokratien brauchten Religion, "um auf den Durst der Welt nach Frieden zu antworten und auf den Durst nach dem Unendlichen, der im Herzen eines jeden Menschen wohnt".

In seiner Rede ging der Papst auch auf die Folgen der Corona-Pandemie sowie auf Armut und Ungerechtigkeit in vielen Ländern ein. Er sagte: "Solange Ungleichheit und Ungerechtigkeit wüten, werden schlimmere Viren als Covid nicht aufhören: jene von Hass, Gewalt und Terrorismus."

Ein weiteres Thema der langen Grundsatzrede des Papstes war die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen. Angesichts des Klimawandels müsse das gemeinsame Haus der Schöpfung "geschützt werden, damit es nicht der Logik des Profits unterworfen wird, sondern zum Lob des Schöpfers für künftige Generationen erhalten bleibt". Angehörige von Religionen könnten nicht zulassen, dass Gottes Schöpfung "verschmutzt, misshandelt und zerstört wird". Auch für den Widerstand dagegen müssten sie ihre Kräfte bündeln.

Nach der Rede des Papstes und weiterer Teilnehmer waren private Begegnungen der in Nur-Sultan anwesenden Religionsdelegationen vorgesehen. Darunter befand sich auch eine Delegation des russisch-orthodoxen Patriarchats.

KNA

14.09.2022 - Asien , Papst , Reise