Missbrauchsfälle

Bischof Genn fordert Disziplinarrecht für Kleriker

Münsters Bischof Felix Genn fordert ein Disziplinarrecht für Kleriker. Bei der kirchenrechtlichen Verurteilung von Priestern, die einen Missbrauch eingestehen, hätten Bischöfe derzeit nicht viel Spielraum für entsprechende Dekrete, sagte er am Dienstagabend in Wadersloh. Er hoffe, dass die Deutsche Bischofskonferenz bereits im kommenden Jahr zu einer entsprechenden Einigung komme.

Genn äußerte sich bei einer Veranstaltung zu einem Missbrauchsfall. Vor Mitgliedern der Pfarrei Sankt Margareta wiederholte er seine Bitte um Entschuldigung für den Umgang mit einem Priester, der trotz eines Missbrauchsvorwurfs dort seelsorglich tätig war. Die Wut, Trauer und Bestürzung der Gemeindemitglieder habe er sehr wohl wahrgenommen, sagte Genn. „Das zeigt mir, wie sehr Sie leiden.“ Der Bischof hatte bereits in der vergangenen Woche vor Mitgliedern des Pfarreirats, des Kirchenvorstands und des Seelsorgeteams Fehler eingestanden.

Konkret geht es um einen Geistlichen, der in den 1980er Jahren als Kaplan in Kevelaer über einen längeren Zeitraum ein Mädchen in der Beichte sexuell missbraucht haben soll. Die Betroffene setzte das Bistum 2010 darüber in Kenntnis, verlangte aber, dass der Sachverhalt nicht öffentlich gemacht und die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet werde. Der Geistliche wechselte später nach Wadersloh-Bad Waldliesborn, wo er 2010 als Pfarrer emeritiert wurde. Genn forderte ihn damals per Dekret auf, „Gottesdienste ohne große Öffentlichkeit“ zu feiern. Vor rund drei Jahren erfuhr das Bistum, dass der Geistliche sich nicht an die Auflage gehalten hat.

Es sei ein großer Fehler gewesen, nicht sofort die Gremien der Pfarrei und die Gemeinde informiert zu haben, sagte Genn. Auch sei es falsch gewesen, nicht selbst bereits zu einem ersten Informationsabend Anfang November nach Wadersloh gekommen zu sein.

Er sei bestürzt über neue Äußerungen des Priesters, worin dieser angebe, zu Unrecht verurteilt zu werden. „Er hat vor mir 2010 die Tat bekannt“, stellte Genn klar. Mit Wirkung von Dienstag habe er ein neues Dekret erlassen, das dem Mann jegliche Auftritte in der Öffentlichkeit untersagt. Die Auflagen von 2010 seien aus heutiger Sicht zu gering gewesen.

Laut Bistum hat der Geistliche seine Schuld auch in einem Brief an die Frau eingestanden. Inzwischen warf ihm eine weitere Frau vor, sie in den 1980er Jahren als Mädchen missbraucht zu haben. Nach Angaben der Diözese gibt es zudem ein drittes Opfer des Priesters. Hierbei handle es sich aber nicht um sexuellen Missbrauch, sondern „um eine besonders verwerfliche Form des geistlichen Missbrauchs“.

KNA

04.12.2019 - Bischöfe , Bistum , Missbrauch