Jesuiten: Empörender Vorgang

Kein Ja des Vatikans für Rektor

Die fehlende Bestätigung des Vatikan für eine weitere Amtszeit von Jesuitenpater Ansgar Wucherpfennig als Rektor der katholischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt stößt beim Jesuitenorden auf Unverständnis. Johannes Siebner, Provinzial der Jesuiten in Deutschland, erklärte am Montag: "Ich kann mir ehrlich gesagt gar nichts anderes vorstellen, als dass es sich da um ein Missverständnis handelt. Ansonsten wäre es ein empörender Vorgang."

Hintergrund sei "die Auffassung der Glaubenskongregation, dass öffentliche Äußerungen von Pater Wucherpfennig im Oktober 2016 nicht mit der Lehre der Kirche übereinstimmen". Es gehe dabei um theologische Überlegungen zur Homosexualität und um Fragen eines möglichen Diakonats der Frau.

Bereits Anfang Februar 2018 hatte die Hochschulkonferenz den seit 2014 amtierenden Wucherpfennig für eine dritte zweijährige Amtszeit zum Rektor gewählt. Diese Wahl fordert eine Bestätigung der kirchlichen Autoritäten. Sowohl der Limburger Bischof Georg Bätzing als auch Provinzial Siebner hatten dieser Wahl zugestimmt. Die noch benötigte römische Unbedenklichkeitserklärung ("Nihil obstat"), die die Bildungskongregation zusammen mit der Glaubenskongregation ausstellt, "blieb bisher jedoch aus", so der Jesuitenorden.

Über den Vorgang hatten zuerst der "Kölner Stadt-Anzeiger" und die "Frankfurter Rundschau" (Montag) berichtet. Demnach verlangt der Vatikan von Wucherpfennig einen öffentlichen Widerruf seiner Positionen. Wucherpfennig (52), der Professor für Neues Testament ist, hatte sich im Oktober 2016 in einem Interview der "Frankfurter Neuen Presse" geäußert. Auf die Frage, warum die katholische Kirche Homosexuellen gegenüber eine "ablehnende Haltung" habe, antwortete er damals: "Mein Eindruck ist, dass das tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen in der Bibel sind."

Wucherpfennig hatte zudem dazu angeregt, über den verpflichtenden Charakter des Zölibats nachzudenken. "Problematisch finde ich auch die Männergesellschaften, die sich durch den Zölibat in der katholischen Kirche etabliert haben", so der Theologe. Wenn Papst Franziskus die Kirche dazu aufgefordert habe, über das Diakonat der Frau nachzudenken, "ist das noch zu kurz gegriffen."

Jesuiten-Provinzial Siebner erklärte am Montag: "Ich stehe uneingeschränkt zum gewählten Rektor Pater Wucherpfennig; er genießt mein volles Vertrauen. Seine Amtsführung der letzten vier Jahre, seine Theologie, seine völlig unstreitige Kirchlichkeit und seine persönliche Integrität lassen nicht den geringsten Zweifel an seiner Eignung zu."

Auch der Limburger Bischof Georg Bätzing stellte sich vor Wucherpfennig. Ein Bistumssprecher sagte den Zeitungen, Bätzing habe dessen Wiederwahl als Rektor "uneingeschränkt" zugestimmt. Bätzing habe auch in Rom deutlich gemacht, dass "Bistum und Jesuitenorden gut beraten sind, an der bewährten Hochschul-Leitung festzuhalten". Der Bischof gehe daher weiter von einer gütlichen Lösung aus. 

KNA

09.10.2018 - Deutschland , Vatikan , Wissenschaft