Tschechien

Kirchenvertreter kritisieren Besteuerung von Restitution

Enttäuscht reagieren Kirchenvertreter in Tschechien auf die Entscheidung des Abgeordnetenhauses zur Rückgabe von unter den Kommunisten verstaatlichtem Eigentum. Auf Vorschlag der Kommunisten hatten die Abgeordneten der Minderheitsregierung aus ANO und Sozialdemokraten gemeinsam mit den Rechtsextremen im Prager Unterhaus die bisherige Regelung teilweise gekippt.

Laut der Gesetzesnovelle sollen nun ab 2020 jene Gelder, die die Kirchen für nicht mehr rückgabefähiges Eigentum vom Staat erhalten, mit 19 Prozent besteuert werden. Damit würden über einen Zeitraum von 30 Jahren jährlich umgerechnet 23,4, Millionen Euro in die Staatskasse zurückfließen. Mit den Zahlungen sollten ursprünglich die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Tschechien finanziell unabhängig vom Staat werden.

Der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz, Stanislav Pribyl, sprach von einem "Sieg des Populismus über den gesunden Menschenverstand und den Rechtsstaat". Er mache sich nicht wegen des Geldes so große Sorgen. "Mich ängstigt mehr das Rechtsklima in unserem Land. Hier wird die Sicherheit des Rechtsstaates relativiert." Das Verfassungsgericht sei "keine Art letzte Absicherung der Demokratie", sondern werde "zu einem normalen Instrument zur Lösung unverantwortlicher politischer Entscheidungen".

Der Prager Weihbischof Vaclav Maly sieht in der Parlamentsentscheidung "erste Anzeichen für einen erstarkenden Einfluss der Kommunisten". Das sei 30 Jahre nach der politischen Wende vom November 1989 eine Warnung. "Mit den Achseln zu zucken und abzuwinken, ist da keine Lösung", sagte Maly, der in der sogenannten Samtenen Revolution zu den wichtigen Kirchenvertretern unter den Dissidenten um den Schriftsteller Vaclav Havel gehörte.

Der Pilsener Bischof Tomas Holub wird von der Zeitung "Hospodarske noviny" (Donnerstag) zitiert: Christus sei auferstanden; "alles andere ist sekundär; auch Konfiszierungen, die sich in der Geschichte immer wiederholen". Ein Kommentator des Blattes fügte hinzu: "Danke für diese Großzügigkeit. Aber zugleich hoffen wir, dass die Befürworter des Gesetzes für ihre Bosheit und Rachsucht von der weltlichen Gerechtigkeit ereilt werden."

Die Zeitschrift "Reflex" (Onlineausgabe Donnerstag) meint, in Tschechien werde die Uhr in die Zeit des Kommunismus zurückgedreht: "Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Wiederaufbau des Eisernen Vorhangs; und dann dürften wieder politische Prozesse kommen." Wenn man etwas stehle, müsse man es zurückgeben, so das Blatt. "Das ist einer der Grundpfeiler unserer Kultur und unseres politischen Systems. Gerechtigkeit muss auch dem widerfahren, der einem unsympathisch ist."

Die Kommunisten hätten dieses unmoralische Gesetz durchgedrückt, weil sie eine Schlüsselrolle für das Überleben der Regierung des ehemaligen Kommunisten Andrej Babis spielten, heißt es bei "Reflex" weiter. Das Gesetz sei de facto "nichts anderes als eine zweite 'Nationalisierung' des Kircheneigentums".

KNA

24.01.2019 - Ausland , Hintergrund