"Schlag gegen interreligiösen Dialog"

Kirchenvertreter kritisieren Umwandlung der Hagia Sophia

Die geplante Umwandlung der Hagia Sophia in Istanbul vom Museum in eine Moschee stößt international weiter auf Kritik. Nach dem Willen des türkischen Präsidenten Recep Tayyib Erdogan soll bereits am 24. Juli erstmals ein Freitagsgebet in stattfinden.

Der Schritt der türkischen Regierung entferne das Land von Europa und sei "ein Schlag gegen die orthodoxe Kirche und den interreligiösen Dialog", erklärte der Generalsekretär der EU-Bischofskommission (COMECE), Manuel Barrios Prieto, in Brüssel. Die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) warnte, eine solche Aktion könnte einen "fruchtbaren Boden" für religiösen Hass und Gewalt schaffen.

Die Umwidmung sei ein rückwärtsgewandter Schritt und füge den christlich-muslimischen Beziehungen weltweit großen Schaden zu, bemängelte auch der Vorsitzende der Evangelischen Mittelost-Kommission (Emok), Markus Dröge. "Wenn die Hagia Sophia zu einer Moschee umgewidmet wird, wird das Kulturerbe, das bisher als Symbol des friedlichen Zusammenlebens galt, zu einem Zeichen der Konfrontation gemacht." Die Emok stelle sich deswegen mit den Christen im Nahen Osten gegen die Entscheidung. Papst Franziskus hatte bereits am vorigen Sonntag auf dem Petersplatz gesagt, er empfinde "großen Schmerz", wenn er an das Wahrzeichen in Istanbul denke.

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hingegen setzt der Nutzung als Moschee eine interreligiöse Vision entgegen: "Ein Traum wäre es, wenn die Hagia Sophia ein Zentrum der Begegnung der Religionen würde", schreibt Schönborn in seiner wöchentlichen Kolumne in der Gratiszeitung "Heute". Ein solches Zentrum wäre "für alle ein Sieg und ein Segen", betonte der Wiener Erzbischof.

Die Hagia Sophia wurde 537 als Reichskirche des griechisch-orthodoxen Kaiserreichs Byzanz geweiht und war die größte Kirche des Christentums. Nach der Eroberung Konstantinopels, des heutigen Istanbul, durch die Osmanen wurde sie 1453 zur Moschee umgewandelt und mit Minaretten versehen. Der laizistische Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk machte das Gotteshaus 1934 zum Museum.

KNA

20.07.2020 - Islam , Kirchenbauten , Politik