Gegen "Erosion der Werte"

Nordmazedoniens Präsident und Papst werben für EU-Integration

Papst Franziskus ist zu einer eintägigen Visite in Nordmazedonien offiziell willkommen geheißen worden. Am Dienstagmorgen kam das Kirchenoberhaupt im Präsidentenpalast mit dem scheidenden Staatspräsident Gjorge Ivanov und Regierungschef Zoran Zaev (Sozialdemokratische Liga Mazedoniens) zu privaten Unterredungen zusammen. Anschließend hielt Franziskus eine Rede vor Politikern und Diplomaten. Es ist der erste Besuch eines katholischen Kirchenoberhaupts in der seit 1991 unabhängigen Republik.

Ivanov verband seine Begrüßungsansprache mit einem eindringlichen Appell an seine Landsleute zur nationalen Erneuerung in Vergebung, Versöhnung und Einheit, "bevor es zu spät ist". Am 12. Mai endet Ivanovs zweite und letzte Amtszeit. Sein am Sonntag in einer Stichwahl nominierter Nachfolger Stevo Pendarovski nahm ebenfalls an dem Empfang teil. Er steht für eine prowestliche Politik.

Ivanov sagte, der Papstbesuch falle in eine Zeit tiefer gesellschaftlicher Spaltung. Das Land sei "schwer verwundet von nicht gehaltenen Versprechen, unerfüllten Erwartungen und schwachem Vertrauen in die internationale Gemeinschaft". Die Hürden auf dem Weg zur EU, bei der sich Nordmazedonien seit 2005 als offizieller Beitrittskandidat um Aufnahme bewirbt, habe zu einer politischen und moralischen Krise und zu einer "Erosion der Werte" geführt. Kreuz und Halbmond würden als Symbole für "Grenzen und Festungen" missbraucht, warnte der Präsident.

Papst Franziskus hob das friedliche Zusammenleben von Ethnien und Religionen in der Region als bedeutend für die Integration in Europa hervor. Er hoffe, dass sich die Integration positiv für die ganze Region des westlichen Balkans entwickle. Zugleich müsse dieser Prozess im Respekt vor Diversität und den Menschenrechten geschehen.

Weiter würdigte der Papst den "großzügigen Einsatz" Nordmazedoniens in der Flüchtlingskrise. Der Bevölkerung, die selber Entbehrungen kenne, gereiche es zur Ehre, dass sie in der Solidarität und im Teilen den Weg jeder wirklichen Entwicklung sehe, sagte Franziskus. Diese Haltung solle sich im ehrenamtlichen Engagement gegen die "vielen Formen der Not" fortsetzen.

Während der Flüchtlingskrise 2015/2016 war Nordmazedonien mit seiner Lage auf der sogenannten Westbalkanroute Durchgangsregion für rund zwei Millionen Flüchtlinge und Migranten. Im Land selbst herrscht hohe Arbeitslosigkeit. Schätzungen zufolge sind 50 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne feste Beschäftigung. Viele leben vom informellen Sektor.

KNA

07.05.2019 - Europa , Papst , Reise