Debatte vor dem Bundesverfassungsgericht

Palliativmediziner: Keine Nachteile durch Sterbehilfe-Paragraf

Palliativmediziner sehen durch den 2015 neu geschaffenen Paragrafen 217 keine negativen Auswirkungen für den Behandlungsalltag mit schwer Erkrankten. Das Gesetz schaffe vielmehr einen Rahmen, sagte die Ärztin Gerhild Becker am Dienstagabend vor dem Bundesverfassungsgericht. Der Wunsch Kranker nach Selbsttötung entstammt nach ihrer Kenntnis oft dem Wunsch, die eigene Kontrolle und Autonomie wieder herstellen zu wollen und damit einem längeren Sterbeprozess nicht ausgeliefert zu sein. Die Palliativärztin von der Freiburger Universitätsklinik wurde nach eigenen Angaben noch nie von einem Patienten um Suizidbeihilfe gebeten.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Lukas Radbruch, betonte, Sterbewünsche müssten prinzipiell von Ärzten ernst genommen werden. Solche Wünsche gebe es auch trotz guter medizinischer Versorgung. Allerdings gehe es dabei meist nur vor dem Hintergrund um „antizipiertes Leid“, also die vermutete Angst vor künftigen Schmerzen - und nicht wegen des aktuellen Zustandes. Jedem schwer Erkrankten steht nach Radbruchs Worten allerdings die Entscheidung zu, auf Essen und Trinken zu verzichten. Dieses Verhalten wird mit dem Wort Sterbefasten umschrieben. Radbruch sieht ebenso wie Becker „keine Probleme mit dem Paragrafen 217“.

Die mündliche Verhandlung über das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe vor dem Bundesverfassungsgericht wird heute fortgesetzt. Ende 2015 hatte der Bundestag im Paragrafen 217 des Strafgesetzbuches die Förderung der Selbsttötung unter Strafe gestellt. Nahestehende Personen eines Todkranken sind davon ausgenommen.

KNA