Berichte von fünf Opfern

Papst eröffnete Anti-Missbrauchsgipfel

Papst Franziskus hat die Kirche zu konkreten Maßnahmen im Kampf gegen sexuellen Missbrauch aufgerufen. "Das heilige Gottesvolk schaut auf uns und erwartet von uns nicht nur einfache Verurteilungen, sondern konkrete und wirksame Maßnahmen. Wir müssen konkret werden!", sagte er am Donnerstagmorgen im Vatikan. Auf dem Weg dahin seien Glaube, Redefreiheit, Mut, Klarheit und Kreativität nötig, so Franziskus bei der Eröffnung des viertägigen weltweiten Bischofstreffens im Vatikan zum Kinderschutz in der Kirche.

Franziskus mahnte, den "Schrei nach Gerechtigkeit der Kleinen" zu hören. Die Muttergottes bat der Papst, um "Erleuchtung, bei der Suche nach Wegen, wie wir die schweren Wunden heilen können, die der Skandal des Kindesmissbrauchs unter den Kleinen und unter den Gläubigen verursacht hat". Das Treffen in der vatikanischen Synodenaula begann am Donnerstagmorgen mit einer Schriftlesung, der Verlesung eines Zeugnisses eines Opfers sowie einer langen Schweigeminute.

Die "seelsorgliche und kirchliche Verantwortung" verpflichte alle Teilnehmer, gemeinsam, aufrichtig und tiefgehend zu diskutieren, "wie dieses Übel, das die Kirche und Menschheit plagt, angegangen werden muss", sagte der Papst. Als Diskussionsgrundlage sollen den Teilnehmern Kriterien von Bischofskonferenzen und Kommissionen dienen. Franziskus betonte, diese seien ein Ausgangspunkt und sollten nicht "die Kreativität einschränken, die es bei diesem Treffen braucht".

Zeugnisse von Missbrauchsopfern

Gleich zu Beginn der Konferenz kamen fünf Opfer sexuellen Missbrauchs zu Wort. Vier Männer und eine Frau berichteten per Videoaufzeichnungen über ihr Leiden und ihre Forderungen an die Kirche. Abschriften der Aussagen veröffentlichte der Vatikan im Anschluss; weitere Informationen wurden auf Wunsch der Opfer nicht bekanntgegeben.

Als besonders verletzend und traumatisch - neben dem Missbrauch an sich - schilderten alle die Tatsache, dass Bischöfe und Ordensobere ihnen nicht geglaubt haben. "Das erste, was sie taten, war, mich als Lügner zu behandeln, sich umzudrehen und zu behaupten, ich und andere seien Feinde der Kirche", kritisierte ein Mann aus Südamerika. Zugleich warnte er vor "falscher oder erzwungener Vergebung"; auch forderte er die Kirchen- Verantwortlichen zur Zusammenarbeit mit Behörden auf.

Davon, wie der Missbrauch ihr Leben und ihre Beziehungen zu anderen zerstörte, erzählten ein US-Amerikaner und ein Mann aus Asien. Beide forderten von Bischöfen und Ordensleitungen mehr und entschiedeneres Engagement im Kampf gegen Missbrauch, denen sie Vertuschung vorwarfen. "Ich verlange von den Bischöfen, ihre Hausaufgaben zu machen, denn hier liegt eine der Zeitbomben in der Kirche Asiens", so der junge Asiate. Er forderte auch ausdrücklich Strafen für Vergewaltiger.

Eine Frau aus Afrika schilderte, wie sie seit dem Alter von 15 Jahren von einem Priester über 13 Jahre lang immer wieder vergewaltigt wurde. Weil er keine Kondome oder andere Verhütungsmittel zuließ, sei sie drei Mal schwanger geworden. Der Priester habe sie jedes Mal zur Abtreibung gezwungen. Sie habe sich nicht wehren können, weil sie von ihm wirtschaftlich abhängig gewesen und geschlagen worden sei, wenn sie sich weigerte.

Über das Nicht-Reagieren seines Bischofs berichtete ein Ordensmann aus Osteuropa, der erst als Erwachsener von dem Missbrauch durch einen Priester in seiner Jugendzeit erzählen konnte. Erst der Nuntius habe reagiert und ihm auch geglaubt. Doch auch anschließend habe der Bischof ihn scharf angegriffen.

An dem Gipfeltreffen im Vatikan nehmen die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen, Vertreter der unierten Ostkirchen, 22 männliche und weibliche Ordensobere sowie Behördenleiter und Experten aus dem Vatikan teil.

KNA

21.02.2019 - Bischöfe , Missbrauch , Papst