Verurteilung wegen Missbrauch

Pell-Anwalt räumt sexuelle Übergriffe des Kardinals ein

Der Verteidiger des australischen Kardinals George Pell hat sexuelle Übergriffe seines Mandanten auf Minderjährige eingeräumt und sich zugleich öffentlich dafür entschuldigt, diese als "Blümchensex" (englisch "Vanilla") heruntergespielt zu haben. Vor Gericht habe er argumentiert, Pell verdiene höchstens eine leichte Strafe, denn die Übergriffe hätten "weniger als sechs Minuten" gedauert und es sei nicht zu einer Ejakulation gekommen.

Das berichten australische Medien am Donnerstag über eine Erklärung von Anwalt Robert Richter. Damit widerspricht er zugleich anderen Medienberichten, in denen bezweifelt wird, dass es überhaupt Übergriffe gegeben hat.

"Im Bestreben, ein mildes Urteil zu erlangen, habe ich eine vollkommen unangemessene Wortwahl benutzt, für die ich mich bei allen zutiefst entschuldige, die diese in einer Weise interpretiert haben, wie sie es nie gemeint war", zitieren die Medien aus Richters Erklärung. Er habe niemals das Leid und die Verletzungen der Missbrauchsopfer "verharmlosen" wollen. Die "Schwere des Verbrechens" sei vielmehr von Anfang durch das "Eingeständnis" anerkannt worden, dass eine "Haftstrafe gerechtfertigt ist".

Der 77-jährige Pell war wegen Missbrauchs verurteilt worden. Das Gericht in Melbourne sah es als erwiesen an, dass er sich Mitte der 1990er Jahre in fünf Fällen an zwei zur Tatzeit 13-jährigen Jungen vergangen hat. Bis Mitte März soll das Strafmaß verkündet werden. Pell wurde am Mittwoch in ein Gefängnis in Melbourne überstellt. Anwalt Richter hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Die Verurteilung des Kardinals auf Basis der Aussage eines Opfers hat in Australien zu kontroversen Diskussionen geführt. Einige Kommentatoren kritisierten den Schuldspruch als eklatantes Fehlurteil und reklamierten Pells Unschuld. Dabei versuchten sie zum Teil, ausführlich zu erklären, warum es gar nicht zu Übergriffen gekommen sein könne.

Louise Milligan, Autorin des Buchs "Kardinal: Der Aufstieg und Fall von George Pell", verteidigte hingegen die Glaubwürdigkeit des namentlich nicht bekannten Klägers. Milligan hatte den Mann für ihr Buch interviewt und ist so eine der sehr wenigen Personen, denen seine Identität bekannt ist. "Er hat dadurch [die Klage] nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren", sagte sie dem TV-Politmagazin "7.30".

Anfang 2018 waren Pells Verteidiger die umfangreichen Interviews und Videoaufnahmen zugänglich gemacht worden, die Milligan bei der Recherche zu ihrem Buch aufgezeichnet hatte. Das Buch erschien vor der Anklage gegen Pell und wurde nach der Anklageerhebung aus dem Handel genommen.

KNA

28.02.2019 - Ausland , Bischöfe , Missbrauch