Flüchtlingsdeal "überfällig"

Skepsis nach EU-Afrika-Gipfel

Von Skepsis bis hin zu großer Enttäuschung: Zum Abschluss des EU-Afrika-Gipfels in Abidjan fallen die Reaktionen von Entwicklungshilfe-Experten gedämpft aus. Als „konkrete“ Maßnahme gilt lediglich der für Libyen gefundene „Flüchtlingsdeal“.

Jonas Wipfler, Referent für Migration und Flucht beim kirchlichen Hilfswerk Misereor, äußerte sich skeptisch zum Flüchtlingsdeal mit Libyen. Gerade die Migrationspolitik der EU habe „in den vergangenen Monaten stark zur Verschärfung der Lage beigetragen“, sagte Wipfler dem Magazin „welt-sichten“. Migranten und Flüchtlinge innerhalb Afrikas hätten auf gefährliche Routen ausweichen müssen, weil der Grenzschutz verstärkt worden sei. Auch die Ausstattung der libyschen Küstenwache mit Patrouillenbooten durch EU und Italien habe die Menschenrechtslage in Libyen nicht verbessert. „Nach dieser Vorgeschichte scheint mir der Aktionsplan etwas doppelzüngig“, erklärte Wipfler.

Der Afrikabeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, sprach von einer Annäherung zwischen EU und Afrika, äußerte sich aber auch skeptisch. Im Radioprogramm SWR Aktuell sagte er: „Verbal haben wir in der Tat sehr viel Zustimmung. Wenn es dann konkret wird, muss man sehen, wie belastbar diese Worte wirklich sind.“

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, es sei ein wichtiger Schritt des EU-Afrika-Gipfels gewesen, den Fokus auf die junge Generation zu legen. „Die Staats- und Regierungschefs müssen endlich erkennen, dass sie in ihre Jugend investieren, Korruption bekämpfen und gute Regierungsführung herstellen müssen“, so Müller im Interview mit dem TV-Sender phoenix (Donnerstag). „Afrikas Jugend braucht Zukunft und Arbeit, sonst kommen die jungen Menschen zu uns“, sagte Müller.

Altbundespräsident Horst Köhler erinnerte daran, dass sich die europäische und die afrikanische Union „wechselseitig“ bräuchten. „Das Verhältnis zwischen ihnen muss auf Vertrauen und gegenseitiger Rechenschaftspflicht basieren“, sagte er. Nur dann habe Afrika eine Chance, wirtschaftlich zu den reichen Ländern aufzuschließen.

Am Mittag hatten die Staats- und Regierungschefs der 55 afrikanischen und 28 europäischen Länder in Abidjan eine Abschlusserklärung unterzeichnet. Darin verpflichteten sie sich zu Investitionen in Bildung und Technologie, der Stärkung von Frieden und Sicherheit sowie weiterer Kooperation beim Thema Migration.

KNA

01.12.2017 - Ausland , Flüchtlinge