Studie:

Junge Frauen messen eigenen Kindern weniger Bedeutung zu

Eigene Kinder zu haben, wird bei vielen Bundesbürgern immer unwichtiger. Die Norm, dass eigene Kinder wichtig sein sollten, hat über die vergangenen acht Jahre deutlich an Kraft verloren. Das zeigen die Ergebnisse der 4. Auflage der Vermächtnisstudie, wie die "Zeit"-Verlagsgruppe in Hamburg mitteilte.

Während diese Tendenz unabhängig von Bildungsstand, Erwerbstätigkeit oder Einkommen der Befragten gilt, zeigen sich auch Unterschiede. So bleibt für Eltern und Verheiratete die Bedeutung von Kindern unverändert hoch. Für Kinderlose ist es 2023 dagegen deutlich weniger wichtig, eigene Kinder zu haben, als noch vor acht Jahren. Der Aussage, dass Kinder für zukünftige Generationen wichtig sein sollten, stimmen sie 2023 ebenfalls deutlich weniger zu als 2015.

"Wir sehen zum ersten Mal, dass die Bedeutung von Kindern bei den Befragten sinkt. Insbesondere jüngere Frauen raten zukünftigen Generationen dazu, die Wichtigkeit eigener Kinder nicht zu hoch zu setzen", erklärte die Leiterin der Studie, Jutta Allmendinger, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) ist. Nach den Erfahrungen in der Pandemie mit extremen mentalen Anstrengungen gelte ihnen anscheinend die Erwerbsarbeit als sicherer, um einigermaßen gleichberechtigt leben zu können.

Die Analyse zeigt zugleich, dass Frauen deutlich seltener als Männer anderen Menschen oder künftigen Generationen dazu raten, Kindern eine besondere Wichtigkeit zu geben. Ein weiterer neuer Befund betrifft das Alter der Befragten: Gerade Befragte ab dem Alter von 51 Jahren betonen die Bedeutung von Kindern, auch für zukünftige Generationen.

Ein Grund könnte nach Meinung der Studienautorinnen und -autoren sein, dass in dieser Altersgruppe eigene Kinder oft schon aus dem Haus sind, so dass berufstätige Mütter keine Doppelbelastung mehr tragen müssen. Sie könnten quasi ein Leben wie die Väter führen und sich hauptsächlich dem Beruf widmen. "Jüngere Kohorten haben dagegen ganz andere Erfahrungen gemacht, gerade während der Pandemie." So rieten insbesondere Frauen zwischen 23 und 50 dazu, den Kinderwunsch niedrig zu halten. Im Gezerre von Familie und Beruf erscheine ihnen die Erwerbsarbeit das ruhigere Terrain - eines, das auch zunehmend deutlichere Regeln für die Gleichstellung biete.

Die Ergebnisse der Vermächtnisstudie bestätigen, dass Tätigkeiten wie Kinderbetreuung, Putzen, Waschen und Einkaufen ausschließlich oder überwiegend von Frauen übernommen werden. Darüber hinaus hat die Vermächtnisstudie erstmals auch die unsichtbare kognitive Arbeit erfasst, die als "Mental Load" bezeichnet wird: Von insgesamt 21 Aufgaben, die Haushalt, Familienorganisation und Freizeitaktivitäten betreffen und die geplant und im Auge behalten werden müssen, liegen nur drei überwiegend oder ausschließlich in der Verantwortung von Männern: Reparaturen, Handwerker und Finanzen. Die befragten Männer gehen dabei häufiger als Frauen davon aus, dass die mentale Arbeit fair verteilt ist, also von beiden im gleichen Umfang übernommen wird. Frauen hingegen sehen die Last klar bei sich.

Für die Vermächtnisstudie wurden im Januar und Februar 2023 insgesamt 4.211 Personen im Alter von 23 bis 65 Jahren befragt.

KNA

24.05.2023 - Familie , Frauen , Kinder