Nach Nein zu Segnungen

Überwiegend Kritik an Vatikanpapier zu homosexuellen Paaren

Nach dem Nein der Römischen Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare melden sich immer mehr deutsche Bischöfe zu Wort. Befürworter der Erklärung betonten am Dienstag, es gehe Rom um eine Stärkung der kirchlichen Ehe. Kritiker unter den Bischöfen zeigten sich verwundert, dass der Vatikan neue theologische und humanwissenschaftliche Erkenntnisse nicht wahrnehme.

Zustimmung äußerte, wie schon zuvor die Bischöfe Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Stefan Oster (Passau), der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt. Es gehe aus seiner Sicht um eine Stärkung der Ehe zwischen Mann und Frau und des Sakraments der Ehe, sagte er. Zwar könnten Homosexuelle einzeln gesegnet werden, nicht aber ihre Partnerschaft. Das könnte in der öffentlichen Wahrnehmung zu Verwechslungen mit einer kirchlichen Trauung führen.

Kritik kam vom Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist. "Solche einfachen Antworten, das hat sich längst gezeigt, beenden Fragen nicht, sondern befeuern sie eher", schrieb er auf Facebook.

Auch der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers bekundete Bedauern. "Dieses Schreiben gibt die augenblickliche katholische Lehre wieder und zeigt keine Weiterentwicklung aufgrund heutiger humanwissenschaftlicher Erkenntnisse und gegenwärtiger pastoraler Notwendigkeiten", sagte er auf Anfrage. Das Thema sei "damit noch nicht beendet".

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf registrierte eine große Enttäuschung bei den Katholiken. "Ich nehme wahr, wie viele gläubige Menschen dadurch enttäuscht und verletzt sind, keineswegs nur unmittelbar Betroffene", heißt es in seiner Stellungnahme. Die Kirche könne Erkenntnisse der Wissenschaften "nicht ignorieren".

Die beiden Vorsitzenden des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen - Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" beim Reformprozess Synodaler Weg, der Aachener Bischof Helmut Dieser und die familienpolitische Sprecherin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Birgit Mock, kündigten eine Diskussion über den "römischen Zwischenruf" im Rahmen des Reformprozesses an. Die Lehre der Kirche müsse sich im Dialog mit der Lebenswirklichkeit der Menschen und den Einsichten der Humanwissenschaften weiterentwickeln. Dazu wolle auch der Synodale Weg beitragen.

Laut der am Montag verbreiteten Erklärung der Vatikanischen Glaubenskongregation hat die katholische Kirche keine Vollmacht, homosexuelle Partnerschaften zu segnen. Zwar sei bei solchen Initiativen "der aufrichtige Willen" zu erkennen, "homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums anzubieten", heißt es in dem Papier. Da aber die Verbindungen von homosexuellen Paaren nicht dem göttlichen Willen entsprächen, könnten sie nicht gesegnet werden.

Der Generalvikar des Bistums Speyer, Andreas Sturm, sagte, er wolle die römische Vorgabe ignorieren. Sturm zeigte sich auf Facebook "schockiert und fassungslos" über die Erklärung der Glaubenskongregation: "Ich habe Wohnungen, Autos, Fahrstühle, unzählige Rosenkränze und so weiter gesegnet und soll zwei Menschen nicht segnen können, die sich lieben? Das kann nicht Gottes Wille sein."

Kritisch äußerte sich auch Sturms Essener Kollege Klaus Pfeffer. Er teilte auf Facebook ein Statement des Wormser Dompropsts Tobias Schäfer. Darin heißt es: "Was für eine Hybris zu glauben, wir müssten Gott vor mutmaßlich sündigen Situationen schützen; wir müssten den Segen Gottes schützen, dass er nur ja nicht die 'Falschen' erreicht."

Nach Ansicht der Theologen Stephan Goertz und Magnus Striet berücksichtigt die Erklärung aus dem Vatikan nicht die aktuellen Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft. "Das Dokument steckt in einer Morallehre fest, die in den fünfziger Jahren formuliert worden ist", schreiben Goertz und Striet in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de.

Die gesamte Argumentation zeuge davon, "wie schwer sich Rom immer noch mit dem modernen Freiheitsdenken tut", erklären die Theologen. Eine Aktion, in der Seelsorgerinnen und Seelsorger ihre Bereitschaft erklären, homosexuelle Paare zu segnen, hatte am Dienstagmittag einen Tag nach der Vatikan-Erklärung bereits 200 Unterschriften gesammelt.

KNA

17.03.2021 - Homosexuelle , Segen , Vatikan