WJT oder Warte Jeden Tag

Ein Schlangenerlebnis mit zwei Päpsten

Wo so viele Menschen zusammenkommen, gehört es dazu, dass man warten muss – und das auch außerhalb Deutschlands am besten in einer Warteschlange. Ein Weltjugendtag ohne Schlangestehen? Da würde wohl etwas fehlen. Es gibt Schlangen vor Essensausgaben und Schlangen vor Toiletten und Dixiklos.

Doch nirgendwo sonst wird das Schlangestehen so gerne genutzt, um mit Menschen aus anderen Ländern ins Gespräch zu kommen, gemeinsam zu singen oder auch zu beten. Besonders ausgiebig frönte ein Teil der Gruppe der WJT-Pilger der Jugend 2000 und der Bistümer Augsburg und Eichstätt dem Schlangestehen vor der Begrüßungsfeier mit Papst Franziskus an der Cinta Costera. Es kam bei solch ausgiebigem Schlangestehen bei manchem sogar die Frage auf: Schaffen wir es überhaupt aufs Feld Maria Antigua?

Obwohl sich die Gruppe zeitig auf den Weg machte, wartete die Warteschlange schon. Schnell noch ein Gruppenfoto mit Deutschlandflagge mit den bereits wartenden Pilgern aus Costa Rica gemacht und los geht’s. Am Anfang ist man noch guten Mutes. An der Straße verkaufen Händler auf Klapptischen Rosenkränze, WJT-Flaggen und Papst-Andenken. Zwischendurch werden die Wartenden gut geräuchert. Ein Verkäufer grillt auf einem kleinen Rost Chorizos. Die Stimmung ist noch gut, trotz der Sonne, die auf den Asphalt scheint. Man unterhält sich.

Doch bald, so nach 40 Minuten, kommt die Schlange ins Stocken. Den Pilgern wird langsam heiß. Man reicht sich gegenseitig Wasserflaschen. Die Sonnencreme wird noch mal neu aufgetragen. Vorwärts ist man schon gekommen, aber ein Ende ist noch nicht in Sicht. Costa Rica fängt an zu singen.

Nach einer Stunde hat man nach eigener Meinung eigentlich genug unter der prallen Sonne gestanden und ist näher am Nebenmann, als man es sich eigentlich wünschen würde. Der Wind, der zwischendurch für Kühlung sorgt, ist höchst willkommen. Doch man kommt in der Schlange kaum noch vorwärts. Ist das Feld etwa schon voll? Geht es überhaupt noch weiter? Schaffen wir es zum Papst?

Einige Meter weiter stellt sich heraus: Der Veranstalter hat als besondere Herausforderung für die Pilger einige Autos und Dixiklos in den Weg gestellt, zwischen denen sich die Schlange hindurchquetschen muss. Es wird noch einmal enger. Nebenan fängt jemand an, auf Spanisch den Rosenkranz zu beten. Eine gute Gelegenheit, das Ave Maria endlich einmal in dieser Sprache zu lernen... Und es geht doch weiter. Im Takt zu „Santa María, Madre de Dios, ruega por nosotros los pecadores...“ machen die Wartenden Mini-Schritte.

Und irgendwann ist es da: das Ende! Die Sicherheitskontrollen. Man kämpft sich durch die Wartenden am Eingang des Feldes. Noch bevor man weiß, wie einem geschieht, brandet Jubel auf. Die Menschen reißen ihre Arme in die Höhe. Glitzerndes Konfetti regnet herunter. Das Papamobil fährt vorbei! Auch der Papst hat es auf das Feld geschafft.

Nun beginnt die Willkommensfeier. Entgegen aller Befürchtungen ist das Feld keineswegs schon voll. Endlich Luft zum Atmen. Endlich kommt man problemlos an seinen Rucksack. Endlich kann man sich setzen. Und endlich – worauf viele gewartet haben – spricht der Papst zu den Pilgern. Er begrüßt sie und spricht vom Weltjugendtag als „großes Zeugnis des Glaubens“ für die Welt. Er erklärt den Jugendlichen, dass sie in einer echten Begegnung zusammenkommen sollten, und kommt auf die Liebe zu sprechen.

Er erklärt mit den Worten des heiligen Oscar Romero: „Das Christentum ist eine Person, die mich so sehr geliebt hat und die meine Liebe ersehnt und verlangt. Das Christentum ist Christus.“ Ein intensiver Moment ist es, als er die Jugendlichen auffordert, die Augen zu schließen und sich Maria vorzustellen, eine junge Frau, so wie viele junge Frauen hier auf dem Platz. Maria habe vermocht, ja zu sagen und den „Traum Gottes“ zu erfüllen. „Und es ist das Gleiche, was der Engel dich fragen möchte: Willst du, dass dieser Traum wahr wird?“

Unter allgemeinem Jubel dreht Papst Franziskus anschließend noch eine Runde mit dem Papamobil. Doch nicht nur diesem Papst wird zugejubelt. Franziskus fordert die Jugendlichen auf, einen Gruß an Papst em. Benedikt XVI. zu schicken, der die Veranstaltung am Fernseher verfolge. Zwei Stunden Schlangestehen – für zwei Päpste.

Nathalie Zapf