Sie haben ihr Leben lang gearbeitet, Kinder großgezogen und unsere Wirtschaft nach dem Krieg maßgeblich wieder angekurbelt. Trotzdem reicht ihre Rente noch nicht einmal für das Nötigste. Ein Skandal, findet Sandra Bisping (48, Foto). 2016 beschloss sie deshalb zu helfen. Sie gründete den Verein „Ein Herz für Rentner“. Im Interview spricht sie über die Ursachen und Auswirkungen von Altersarmut.
Frau Bisping, wen trifft Altersarmut besonders?
70 Prozent der Rentner, die wir finanziell unterstützen, sind Frauen. Bedingt durch Kindererziehung, Teilzeitarbeit oder Minijob konnten sie nicht ausreichend in die Rentenkasse einzahlen und vorsorgen. Viele von ihnen haben auch lange ihre Eltern oder Angehörige gepflegt. Sie kommen dann oftmals nur auf eine Rente von 300 oder 400 Euro.
Welche Auswirkungen hat die finanzielle Not?
Vor einiger Zeit bekamen wir einen Antrag auf Unterstützung von einem 82-jährigen Rentner. Sein Lattenrost war vor sechs Monaten kaputtgegangen, seitdem schlief er auf dem Boden. Eine Rentnerin, die seit Jahren an Parkinson erkrankt ist, brach ohnmächtig auf der Straße zusammen, weil sie sich die Zuzahlungen zu den dringend benötigten Medikamenten nicht leisten konnte –trotz jahrelanger Arbeit. Das ist unendlich traurig.
Welche Folgen hat die Armut noch?
Wir lesen in jedem zweiten Antrag, der bei uns eingeht, von Depressionen und Angstzuständen. Zu den psychosomatischen Folgen kommen die sozialen. Wer kein Geld hat, kann nicht am sozialen Leben teilnehmen. Er kann sich keine Fahrkarte leisten, um in die Stadt zu fahren. Er kann es sich nicht leisten, ins Café zu gehen. Diese Menschen vereinsamen.
Was hat Sie dazu veranlasst, den Verein zu gründen?
Ich war schon immer ein Oma-Opa-Kind. Ich habe viel Zeit mit meinen Großeltern verbracht. Unsere Rentner haben viel für unser Land getan. Es kann doch nicht sein, dass sie für eine neue Matratze oder andere lebensnotwendige Dinge hungern müssen. Sie verdienen unseren größten Respekt – und unsere Unterstützung. Dafür kämpfe ich von Herzen gerne.
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