Psychiater über Gewalttat am Frankfurter Hbf:

"Übliche politische Denkschablonen helfen nicht"

Nach dem gewaltsamen Tod eines achtjährigen Jungen im Frankfurter Hauptbahnhof wendet sich ein Psychiater gegen vorschnelle Rückschlüsse. "Die üblichen politischen Denkschablonen helfen jetzt aber nicht weiter", sagte Franz Joseph Freisleder im Interview der "Süddeutschen Zeitung" . Die Tat müsse nun gründlich ermittelt, der mutmaßliche Täter aus Eritrea sorgfältig begutachtet werden, und die Justiz müsse die Wahrheit darüber suchen, "was in seinem Kopf vorging". Das sei das Prinzip des deutschen Rechtsstaates. 

Freisleder bezeichnete es als spontane Reaktion, wenn die Öffentlichkeit denke, dass Menschen psychisch krank sein müssten, wenn die abscheuliche Verbrechen begingen. Man wolle sich so das Unbegreifliche erklären. Allerdings würden die meisten Verbrechen nicht von psychisch Kranken verübt. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung seien solche Taten selten. "Aber wenn sie vorkommen, ist nicht einfach eine Krankheit schuld oder die Gesellschaft oder die Migrationspolitik." Der Experte wandte sich im Frankfurter Fall gegen vorschnelle Urteile: "Alles ist möglich."

Die Gewalttat im Hauptbahnhof berühre die Menschen, weil es sich um ein Schicksal eines nichts ahnenden Kindes handele, so Freisleder. "Weil die Menschen denken: Das hätte mein Kind sein können, das da liegt." Verbrechen rüttelten besonders auf, wenn sie jeden hätten treffen können und in der Öffentlichkeit geschehen seien.

KNA

31.07.2019 - Deutschland , Kriminalität