Solidarität und Verantwortung

Papst fordert "neuen Humanismus" in Sachen Migration

Der Papst hat mit Blick auf die weltweiten Migrationen einen "neuen Humanismus" gefordert. Dieser solle nicht nur für eine Lebensphilosophie, sondern für ein bestimmtes Verhalten stehen, sagte Franziskus am Donnerstag im Vatikan. Um die aktuellen Probleme zu lösen, seien "konkrete Solidarität und eine ungeteilte Verantwortung" auf nationaler wie internationaler Ebene nötig.

Das Kirchenoberhaupt äußerte sich bei einem Treffen mit Vertretern des Projekts "Snapshots from the Borders". In dem von der EU geförderten Netzwerk haben sich Städte an den europäischen Außengrenzen zusammengeschlossen. Gemeinsam werben sie für eine "kohärentere, wirksamere" Migrationspolitik. Bei der Audienz mit dabei war auch Lampedusas Bürgermeister Salvatore Martello. Er hatte kürzlich landesweit für Aufsehen gesorgt, als er angesichts der zunehmenden Zahl von Bootsmigranten mit einem Generalstreik drohte. In der Folge beschloss die italienische Regierung Entlastungen für die Insel.

Die aktuellen Vorgänge seien komplex und führten zu dramatischen Auswirkungen, sagte Franziskus zu der Delegation. Er rief die Gemeinden an den EU-Außengrenzen auf, an vorderster Front zu einem Wandel beizutragen. Auf die Situation im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ging der Papst nicht ein.

Es sei notwendig, die globalen Zusammenhänge besser zu verstehen, die hinter den Migrationsströmen steckten. "Die Herausforderungen sind zahlreich, und sie richten sich an jeden von uns." Niemand könne angesichts der "menschlichen Tragödie" gleichgültig bleiben, die sich weiterhin in verschiedenen Regionen der Welt abspiele. Das Mittelmeer sei ebenfalls betroffen, "ein Meer der Grenzen, aber auch der kulturellen Begegnung".

Vor den Audienz-Teilnehmern sprach sich Franziskus für eine veränderte Sicht- und Erzählweise aus. Er warb dafür, das Schicksal der einzelnen betroffenen Personen in den Mittelpunkt zu stellen. Projekte wie "Snapshots from the Borders" seien wertvoll, weil sie sich der Problematik mit vielfältigen Ansätzen widmeten, die auf einer "Kultur der Begegnung" basierten. Dies könne mithelfen, zum angestrebten "neuen Humanismus" beizutragen. Grenzen würden zwar immer als Barrieren angesehen, sagte der Papst. Sie könnten aber zu "Fenstern" werden, zu Orten gegenseitiger Bereicherung und des Kennenlernens.

KNA

10.09.2020 - Flüchtlinge , Gesellschaft , Papst