Das Coronavirus legt Deutschland lahm. Auch das Finale des jüdischen Gesangs- und Tanzwettbewerbs „Jewrovision“ in Berlin wurde abgesagt. Im Herbst soll es nachgeholt werden. Die „Jewrovision“ gilt als jüdische Miniaturausgabe des „Grand Prix“, des Eurovision Song Contest (ESC). In den vergangenen Jahren entwickelte sie sich zum wichtigsten Teil der Jugendarbeit in den jüdischen Gemeinden Deutschlands.
„Es war ein Schock“, erklärt Julia Oleinicenko ihre Gefühle. Sie und ihre jüdischen Freunde meinten, so schlimm sei die Sache mit dem Coronavirus doch gar nicht. Dann kam die Absage. Die 18-jährige Schülerin eines Oldenburger Gymnasiums war in ihrer Freizeit mit der Vorbereitung und Einstudierung der Choreografie beschäftigt. Für die „Jewrovision“ hatte sie mit drei Sängern und vielen Tänzern einen Mix aus Rap und Pop geplant.
„Wir hatten immer den Anspruch auf ein lebendiges, jüdisches Gemeindeleben – besonders mit einem Schwerpunkt auf der Jugend“, sagt Rabbinerin Alina Treiger im Jüdischen Gemeindehaus in Oldenburg. Wie in vielen anderen jüdischen Gemeinden auch, gehört für die Mädchen und Jungen das „Jewrovision“-Finale zum Höhepunkt der lebendigen, aktiven Jugendarbeit.
Die kurzfristige Absage des Finales in Berlin – das unter dem Motto „Be Yourself“ (Sei du selbst) hätte stehen sollen – traf alle hart. „Das ist sehr tragisch“, sagt auch Mosche Wältermann. Der 17-Jährige verbringt seit August ein Jahr Bundesfreiwilligendienst in der Gemeinde von Rabbinerin Treiger. In die Vorbereitungen zur „Jewrovision“ war er als „Madrichim“, als Jugendgruppenleiter, eingebunden.
„Viele sind nun traurig“
Mosche schrieb zum Beispiel das Skript zum Video für die Oldenburger Kinder und Jugendlichen, von denen „viele nun sehr traurig sind, weil sie das emotional sehr mitnimmt“, sagt er. „Sie haben sich ein ganzes Jahr darauf vorbereitet und gefreut, und für einige wird es aus Altersgründen das letzte Jahr sein, in dem sie an der ‚Jewrovision‘ teilnehmen können.“
Die Absage kann Mosche dennoch verstehen: „Es ist eine richtige Entscheidung – auch mit Blick auf die Zuschauer, weil das Coronavirus auch gefährlich sein kann.“ Wer von seiner Infektion nichts wisse und zu der Veranstaltung hingehe, könne ungewollt Tausende anstecken. „Ich denke, diese Absage ist auch von Gott bestimmt“, meint Mosche.