Versteckt in Kirchen, Klöstern und anderen religiösen Einrichtungen: Während der Verfolgungen durch die Nazis in Rom im Zweiten Weltkrieg haben sich etliche kirchliche Institute um die jüdische Gemeinschaft gekümmert. Erst seit wenigen Jahren sind Beweismaterial und Dokumente wieder zugänglich.
Sie erzählen die Geschichte vieler Juden in Rom, die den Überfällen der Nazis entkamen. Graziano Sonnino zum Beispiel: Er wurde mit neun Jahren im Jesuitenkolleg von Mondragone untergebracht, 30 Kilometer südöstlich von Rom. Kardinal Prosper Grech war Zeuge, wie der Augustiner-Orden in Rom Verfolgte wie Sonnino aufnahm. Der Kardinal half nun der Historikerin Schwester Grazia Loparco bei der Rekonstruktion dieser Seite der Geschichte. Schwester Loparco ist Professorin für Kirchengeschichte an der Päpstlichen Fakultät für Bildungswesen „Auxilium“.
Eine offene Tür, ein sicherer Hafen, um dem Tod zu entkommen, seien viele Klöster während der Verfolgungszeit gewesen, erinnert sich Kardinal Grech. Mehr als 220 Klöster, Kirchen und Häuser verschiedener Ordensgemeinschaften in und um Rom halfen mit, hat Ordensfrau Loparco herausgefunden. Diese Einrichtungen hätten inmitten der nationalsozialistischen Verfolgung etwa 4500 Juden in Rom Unterschlupf geboten – fast die Hälfte der jüdischen Gemeinde der Hauptstadt.
Achteinhalb Stunden Terror, von 5.30 bis 14 Uhr: Am 16. Oktober 1943 führte die SS eine umfassende Judenrazzia in Rom durch. Ein Tag, den der heute 85-jährige Sonnino wohl nie vergessen wird. Die Truppen umstellten das jüdische Ghetto und zogen mit Namenslisten von Haus zu Haus. Auch in allen anderen Stadtteilen, in denen Juden lebten, kam es zu Massenverhaftungen. Es geschah an einem Samstag, dem Fest der Ruhe für die Juden. Den Sabbat hätten die Nazis nicht zufällig dafür ausgewählt, sagt Sonnino.
Als die Operation zu Ende war, lag nur noch eisiges Schweigen in den verlassenen Straßen des Ghettos. Dort, wo noch kurz zuvor die Schmerzensschreie der 1259 Juden erklangen, 689 Frauen, 363 Männer und 207 Jungen und Mädchen, die mit Gewalt von den Truppen der SS verschleppt wurden. Die Zahlen hat Schwester Loparco recherchiert. 1023 Juden wurden sofort in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, nur 16 von ihnen sind heimgekehrt. Andere waren in den Nachtstunden vor der Razzia geflohen.