Zum Weihnachtsfest 1942, als Stalingrad eingeschlossen war und die eingekesselten Soldaten gegen Kälte und Hunger um ihr Überleben kämpften, zeichnete der evangelische Pastor und Lazarett-Oberarzt Kurt Reuber für seine Kameraden mit Kohle auf die Rückseite einer russischen Landkarte die berühmt gewordene Stalingradmadonna. 1983 wurde dieses Marienbild der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche übergeben.
Vor drei Jahren erschütterte kurz vor dem Heiligabend ein Terroranschlag am Weihnachtsmarkt unmittelbar neben dieser Kirche die Welt. Wieder wurde die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche mit ihrer Turmruine ein Mahnmal: Hass kann den Hass nicht austreiben. Das gelingt nur der Liebe. Finsternis kann keine Finsternis vertreiben. Das gelingt nur dem Licht.
„In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“ (Joh 1). Mit diesen Worten des Weihnachtsevangeliums betrachten wir die erwähnte Schutzmantelmadonna. Die Darstellung trägt die Umschrift „1942 Weihnachten im Kessel – Festung Stalingrad – Licht, Leben, Liebe“.
Unter ihrem Mantel birgt Maria das Jesus-Kind, das sie liebevoll ansieht und ihm Schutz und Geborgenheit gibt. In einem Brief an seine Frau schrieb Kurt Reuber: „Das Bild ist so: Kind und Mutterkopf zueinander geneigt, von einem großen Tuch umschlossen, Geborgenheit und Umschließung von Mutter und Kind. Mir kamen die johanneischen Worte: Licht, Leben, Liebe. Was soll ich dazu noch sagen? Wenn man unsere Lage bedenkt, in der Dunkelheit, Tod und Hass umgehen - und unsere Sehnsucht nach Licht, Leben, Liebe, die so unendlich groß ist in jedem von uns!“
Der tiefere Sinn
Mitten im Unbehaust-Sein von Bethlehem wird Geborgenheit vermittelt. „Und das Licht leuchtet in der Finsternis.“ Maria birgt ihr Kind, das ganz Licht ist, in ihrem Schoß und wärmt es mit ihren Armen. Geborensein im Geborgensein. Ist nicht das der tiefere Sinn der Weihnachtsbotschaft?