25 Jahre ist es her, dass die Kugeln eines rechtsextremen jüdischen Attentäters die Friedenshoffnung einer ganzen Weltgegend zum Erliegen brachten: Mit dem Mord an Israels Ministerpräsident Yitzchak Rabin wurde der Nahost-Friedensprozess buchstäblich niedergestreckt. Der, an dessen Tod am 4. November erinnert wird, war anfangs alles andere als ein Wegbereiter des Friedens.
„Brecht ihnen die Knochen!“ – Diesen Befehl soll der damalige Verteidigungsminister Yitzchak Rabin seiner Armee während der Ersten Intifada erteilt haben. Gemeint hatte er die Steinewerfer des palästinensischen Volksaufstandes gegen die israelische Besatzungsmacht: Oberstufenschüler, Studenten, junge Erwachsene.
Vom Beginn der Intifada im Dezember 1987 bis zum 13. September 1993, dem Tag der Prinzipienerklärung zwischen Israel und der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, wurden laut der israelischen Menschenrechtsorganisatin B’Tselem fast 1200 Palästinenser und etwa 150 Israelis getötet. Die Zahl der Palästinenser mit gebrochenen Gliedmaßen ist unbekannt, durch Fotos ist das Vorgehen jedoch hinreichend bezeugt.
Ein Falke wird zur Taube
Wie wurde Rabin vom Falken zur Taube? Fakt ist: Die Madrid-Konferenz 1991, an der Palästinenser erstmals mit israelischen Politikern an einem Tisch saßen, ebnete dem sogenannten Oslo-Prozess den Weg. Vermittelt durch den norwegischen Außenminister Johan Holst wurde eine Grundlagenerklärung – Oslo I genannt – erarbeitet. Diese wurde 1993 in Washington von Ministerpräsident Rabin, Schimon Peres und Yassir Arafat im Beisein von US-Präsident Bill Clinton unterzeichnet.
Briefwechsel vor historischem Moment
Dem historischen Moment war ein Briefwechsel zwischen Palästinenserführer Arafat und Rabin vorausgegangen. Darin hatte der PLO-Vorsitzende „das Recht des Staates Israel auf Existenz in Frieden und Sicherheit“ anerkannt sowie einen Verzicht auf Terror und Gewalt versprochen. Im Gegenzug akzeptierte Rabin „die PLO als die Vertretung des palästinensischen Volkes“.
Der Oslo-Prozess und das Interimsabkommen hatten Schwachstellen. Entscheidende Streitpunkte waren ausgeklammert worden oder sollten später geklärt werden: die jüdischen Siedlungen, die palästinensischen Flüchtlinge, die Grenzen und der Status Jerusalems. Kritiker gab es auf beiden Seiten: Für manchen Palästinenser war Oslo ein fauler Kompromiss und Arafat zu weit gegangen. Militante Gruppen wie die Hamas oder der Islamische Dschihad lehnten den Friedensprozess grundsätzlich ab.
Kritik berief sich auf Heimatverlust
Der Literaturwissenschaftler Edward W. Said (1935 bis 2003), einer der bedeutendsten palästinensischen Intellektuellen, bezog sich in seiner Kritik auf den Heimatverlust im Zuge der Staatsgründung Israels: „Oslo verlangte von uns, unsere Geschichte des Verlusts und der Enteignung zu vergessen und zu verleugnen. Jedoch hatten Verlust und Enteignung genau die Menschen herbeigeführt, die allen gelehrt haben, wie wichtig es ist, die Vergangenheit nicht zu vergessen.“
Für die israelisch-jüdische Gesellschaft bedeutete Oslo, erstmals Land aufzugeben und zentrale jüdische Stätten wie etwa Nablus, Heimat des Erzvaters Jakob, fremder Verwaltung zu überantworten. Rabin begründete den Verzicht damit, dass dieser das Ende von Gewalt und Blutvergießen bringe. Selbstmordattentate, Messerattacken und Schießereien der Hamas, des Islamischen Dschihad oder anderer Gruppen untergruben jedoch den Oslo-Prozess und ließen die israelisch-jüdische Gesellschaft zwischen Zuversicht und Skepsis schwanken.