Wimmelbuch-Illustratorin Rotraut Berner:

"Man sollte nachträglich keine Werke umschreiben"

Rotraut Susanne Berner (74), Grafikerin und Illustratorin, warnt vor zu viel politischer Korrektheit im Literaturbetrieb. "Man sollte nachträglich keine Werke umschreiben", sagte Berner am Freitag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in München. Zwar könne sie das Anliegen verstehen, etwa gegen Rassismus vorzugehen, finde die Debatte aber ein wenig hysterisch. "Man kann nicht alles ausbügeln und 'nice' machen, nett und freundlich. So ist es nicht und so war es nie", betonte Berner.

Beispielhaft verwies Berner, die unter anderem für ihre Wimmelbücher mit Geschichten aus Wimmlingen bekannt ist, auf eine befreundete Verlegerin, die den Südstaaten-Roman "Vom Winde verweht" neu herausgebracht hat. "Wenn die Protagonisten das N-Wort aussprechen, hat sie das stehen gelassen. Andernfalls wäre die Diskriminierung weg gewesen, der die Schwarzen in den USA im 19. Jahrhundert ausgesetzt waren. Dann versteht man das ganze Buch nicht mehr."

Sie finde es schwierig, "wenn man Rassismus leugnet, um ihn aus der Welt zu schaffen", fügte Berner hinzu. "Wir versuchen ja alle, aus der Geschichte zu lernen und die Erinnerung wachzuhalten. Wenn man aber die Erinnerung wegradiert, dann lässt sich wohl kaum verhindern, dass Dinge wie Rassismus wieder passieren."

Berner wird am 26. August 75 Jahre alt. Im Laufe ihrer bald 50-jährigen Karriere arbeitete sie unter anderem mit Hans Magnus Enzensberger für "Der Zahlenteufel" zusammen, bebilderte Wolfdietrich Schnurres Liebesgeschichte "Die Prinzessin kommt um vier" oder Christof Heins "Das Wildpferd unterm Kachelofen". Seit 20 Jahren stehen ihre Wimmelbücher bei vielen Eltern und deren Kindern hoch im Kurs. Ein weiterer Bestseller Berners sind die bebilderten Geschichten rund um den Hasen Karlchen.

KNA

18.08.2023 - Bücher , Deutschland , Politik