WEISSENHORN – Die Stadt Weißenhorn im Kreis Neu-Ulm will „Friedensstadt“ sein. Solange noch jemand von den Ereignissen am Ende des Zweiten Weltkriegs berichten kann, möchte ein neu gegründeter Arbeitskreis eine Erinnerungskultur initiieren.
Die rund 14 000 Einwohner zählende Stadt tritt mit dem Vorhaben in große Fußstapfen. So nennt sich etwa Augsburg, wo 1555 der Augsburger Religionsfriede geschlossen wurde, „Friedensstadt“. In Weißenhorn will man sich dieses Profil in Erinnerung an jenen Tag geben, an dem kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs die historische Altstadt vor der Zerstörung durch Bomben der Alliierten bewahrt wurde. Am 25. April 1945 hatten der Bürger Paul Ziegler und zwei Helfer unter Lebensgefahr zum Zeichen der Kapitulation am Turm der Stadtpfarrkirche eine weiße Fahne angebracht. Bisher erinnerten wiederkehrende Aktionen an das Ereignis.
78 Jahre später sei es an der Zeit, die Erzählungen rund um die weiße Fahne am Turm von Mariä Himmelfahrt in eine Art Erinnerungskultur umzusetzen: Davon sind Stadtpfarrer Lothar Hartmann, Heimatmuseumsleiter Matthias Kunze und der Vorsitzende des Museumsvereins, Ulrich Hoffmann, überzeugt.
Fluchtweg vorbereitet
Der Anfang sei längst gemacht, erklärt Kunze. Denn das säuberlich zusammengelegte weiße Bettlaken aus dem Haus von Karl Mareis mit einem Begleitschreiben, das die Namen der drei Verantwortlichen nennt, ist in einer Vitrine des Heimatmuseums Weißenhorn ausgestellt. Ob alle gleichermaßen involviert waren, wer vorab Bescheid wusste und dem Trio den Fluchtweg vorbereitete, darin sind sich die Berichte der Nachfahren nicht ganz einig.
Das ändert nichts an der Tatsache, dass es Widerstandsgeist und Verantwortungsbewusstsein gab, wodurch Weißenhorn und seine Bürger vor den Bomben gerettet wurden. Die Flugzeuge befanden sich bereits im Anflug, drehten jedoch angesichts des weiß beflaggten Kirchturms ab. Die Rettung kam in letzter Minute, denn wegen der Lufttanklager im Ortsteil Eschach war die Stadt ein militärisches Ziel.