Kirchen ringen um Friedensethik

Bischöfe stellen bei Vollversammlung in Augsburg Papier vor

Die beiden großen Kirchen in Deutschland suchen nach neuen Wegen, um den Friedensgedanken in einer Welt von Kriegen und Konflikten zu verteidigen. Die Evangelische Kirche in Deutschland will im Rahmen einer "EKD-Friedenswerkstatt" eine zeitgemäße protestantische Friedensethik entwickeln. Die katholischen Bischöfe stellten am Mittwoch im Rahmen ihrer Frühjahrsvollversammlung in Augsburg das Ergebnis ihrer Überlegungen vor: ein 175 Seiten umfassendes Papier mit dem Titel "Friede diesem Haus".

Darin warnen sie vor einem neuen Wettrüsten und bekennen sich zugleich zur Waffenhilfe für die Ukraine. Der Idee der nuklearen Abschreckung erteilen sie eine Absage. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, betonte, es brauche einen langen Atem, um einen Konflikt wie den zwischen Russland und der Ukraine zu beenden. "Das Ende des Krieges ist noch kein Friede, sondern der Anfang einer mühsamen Friedensarbeit", sagte der Bischof von Limburg. Darin liege vielleicht auch eine Chance zur Mitwirkung der katholischen Kirche "mit ihrem Elefantengedächtnis".

In einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag) äußerte der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck zudem Verständnis für die geplante Aufrüstung der Bundeswehr. Deutschland müsse in der Lage sein, seine Bevölkerung und seine Bündnispartner im militärischen Krisenfall zu schützen, erklärte der Bischof von Essen. "Es geht darum, die notwendigen Voraussetzungen für den Fall moralisch erlaubter Selbstverteidigung zu schaffen."

Im baden-württembergischen Bad Boll berieten unterdessen Vertreter der EKD auf der dritten von vier geplanten "Friedenswerkstätten" über eine Weiterentwicklung ihrer ethischen Positionen zu Krieg und Frieden. Auch auf protestantischer Seite ist der Angriff Russlands auf die Ukraine ein wichtiger Auslöser. Die Debatte der vergangenen zwei Jahre habe gezeigt, "dass wir als Kirche eine neue Position erarbeiten müssen, um den friedensethischen Grundanliegen, die wir teilen, weiter gerecht werden zu können", sagte der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.

Mit Blick auf den vielzitierten Ausspruch von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) "Wir müssen kriegstüchtig werden" wurden allerdings auch Konfliktlinien zwischen evangelischer und katholischer Kirche deutlich. Der katholische Militärbischof Overbeck deutete in seinem Beitrag für "Christ und Welt" den Satz als Problemanzeige, "wie bedrohlich die Lage in Europa durch den fortdauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geworden ist".

Der EKD-Friedensbeauftragte Friedrich Kramer nannte den Satz von Pistorius in der gleichen Zeitung dagegen grundfalsch. "Denn er macht nicht mehr deutlich, dass es um Verteidigung geht", kritisierte der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. "Die Sprache muss präzise sein, denn ein Krieg ist schnell herbeigeredet, und das ist verantwortungslos."

Die Frage nach einem gemeinsamen friedensethischen Wort der Kirchen beantwortete der Augsburger Bischof Bertram Meier mit den Worten, er wisse nichts von einem ökumenischen Schulterschluss. Ulrich Pöner vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz fügte hinzu, derzeit seien die Diskussionslagen in der katholischen und evangelischen Kirche zu unterschiedlich. Da erscheine es wenig sinnvoll, "jetzt mit viel Kleister und Farbe etwas herzustellen, was nach Einheit aussieht, wo jede Seite doch an ihren eigenen Problemen zu arbeiten hat". Man bleibe aber im Gespräch.

Joachim Heinz/KNA

22.02.2024 - Bischofskonferenz , Frieden , Krieg