Max Josef Metzger starb für den Frieden

„Er wird kein glatter Seliger“

Eine Vertonung der Gefängnis-Briefe von Max Josef Metzger wurde bei seiner Bischofsweihe auf ausdrücklichen Wunsch vorgetragen: Bertram Meier bekannte sich zu dem vor 80 Jahren hingerichteten Priester, als eine Seligsprechung noch nicht absehbar war. Diese steht jetzt durch die Anerkennung als Märtyrer unmittelbar bevor. Im Interview erläutert der Augsburger Bischof die Bedeutung des Glaubenszeugen, der im Bistum bleibende Spuren hinterließ.

Herr Bischof, Rom hat gesprochen, Max Josef Metzger ist ein Märtyrer. Haben Sie damit gerechnet, dass der Mann, der am 17. April vor 80 Jahren hingerichtet wurde, nun auf einmal so schnell seliggesprochen werden kann?

Die Fristen für eine Seligsprechung sind schwer kalkulierbar. Das komplizierte Verfahren ist kein Selbstläufer. Der Prozess wurde in Freiburg – Max Josef Metzger war ja Freiburger Diözesanpriester – am 8. Mai 2006 eröffnet und am 17. März 2014 in einer feierlichen Schlusssitzung zu Ende gebracht. Dahinter steckt viel Forschungsarbeit. Das Ergebnis mit circa 6000 Seiten Studien und Dokumenten ging dann am 28. März 2014 nach Rom an das für Selig- und Heiligsprechungen zuständige Dikasterium. Dort hat es weitere zehn Jahre gedauert, bis der Papst bestätigen konnte, dass Max Josef Metzger ein Märtyrer war.  

Das Christkönigs-Institut, das Metzger-Archiv, die Grabstätte und die nach dem künftigen Seligen benannte Schule erinnern in Meitingen an Max Josef Metzger, ebenso eine Stele am Augsburger Dom. Was bedeutet die Seligsprechung, auch wenn sie in Freiburg erfolgt, für die Diözese Augsburg?

Wir dürfen stolz sein, dass in Meitingen der Sitz des Christkönigs-­Instituts ist: einer Gemeinschaft, die Metzger selbst gegründet hat. Zwar hat er die 1969 erfolgte Anerkennung als Säkularinstitut diözesanen Rechts des Bistums Augsburg nicht mehr erlebt, aber seine Idee von einem „Orden der Zukunft“, wie er seine „Christkönigsgesellschaft“ nannte, hat er stringent und tatkräftig verwirklicht. Interessant ist auch die Wahl des Ortes Meitingen: 1927 übernahmen Mitglieder der Christkönigsgesellschaft die dort zu errichtende Trinkerheilstätte des Augsburger Caritasverbands. 1928 zog Metzger selbst von seiner bisherigen Wirkungsstätte Graz nach Meitingen um. Dass die Zentrale der Christkönigsgesellschaft so eng mit einem sozial-karitativen Projekt verknüpft wurde, zeigt: Metzger war kein idealistischer Träumer, sondern auch ein realistischer Praktiker, der das Reich Gottes voranbringen wollte – nicht nur durch theologische Gedanken, sondern durch die konkrete Tat und Haltung.

Ihren persönlichen Weg hat der Märtyrer-Priester nicht unwesentlich beeinflusst.

Auf Metzgers Grabstein in Meitingen steht ein programmatischer Satz, den er in seinem letzten Brief geschrieben hat: „Ich habe mein Leben Gott angeboten für den Frieden der Welt und die Einheit der Kirche.“ Das ist sein geistliches Testament. Friedensarbeit für die Welt und Versöhnungsbestreben unter den Kirchen gehören eng zusammen. Zwar musste sich Metzger in seinem Engagement für den Frieden mitunter als einsamer Rufer fühlen: Er nahm als viel beachteter Referent an internationalen Kongressen teil, er wandte sich auch an Päpste wie Benedikt XV. und Pius XII., aber die Kriegsmaschinerie rollte unbeeindruckt weiter. Dennoch gab Metzger nicht auf. Mehr und mehr rückte die Ökumene in den Vordergrund. Schon als Student notierte er für seinen Zettelkasten: „Versöhnung der christlichen Konfessio­nen“. Metzger war sich bewusst: Der Einsatz für den Frieden und das Mühen um die Ökumene bedingen sich gegenseitig. Sie sind wie Brennpunkte einer Ellipse. Diese Anliegen sind auch mir wichtig.

Metzger, ein überzeugter Pazifist, hat selbst in kriegerischen Zeiten gelebt. Was macht ihn derzeit so aktuell und wodurch wird er andererseits zum zeitlosen Vorbild über die Generationen hinweg?

In Zeiten, da Aufrüstung und Wehrpflicht in unserem Land diskutiert werden, ist Metzger ein Frage- und Ausrufezeichen zugleich. Er fragt uns, ob Wettrüsten die einzige Methode ist, um den Frieden zu suchen und zu finden. Gleichzeitig setzt er ein Ausrufezeichen, indem er immer wieder an die Bergpredigt erinnert, vor allem an die Seligpreisung für die Friedensstifter. Metzger sprach vom „Gesetz des Heilands“, das die Christen zur Entfaltung bringen sollten. Da fallen Worte wie „absolute Lauterkeit und Ehrlichkeit“, „Güte und Sanftmut“, „Streben nach Gerechtigkeit“ sowie „Nachsicht und Versöhnlichkeit“. Metzger wurde nicht müde, gerade den Christen ins Gewissen zu reden. Die Regierungserklärung von Christus-König müsse in erster Linie unter den Christen respektiert und praktiziert werden. Dieser Appell ist aktueller denn je.

Können Sie noch etwas über den Charakter von Max Josef Metzger sagen? 

Metzger war eine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten: hochbegabt, selbstbewusst und davon überzeugt, eine besondere Mission zu haben. Der damalige Rektor des Konvikts in Konstanz und spätere Freiburger Erzbischof Conrad Gröber bescheinigte ihm ein „vorlautes Wesen“ und eine „beständige Sucht, eine besondere Rolle“ zu spielen. Als Gefangener räumt Metzger vor dem Untersuchungsrichter ein: „Ich bin kein Mensch, der in ein Schema gespannt werden kann. Ich bin mit Leib und Seele katholischer Priester. Und ich bin zugleich ein weltoffener Mensch, der von Jugend auf an allem Weltgeschehen leidenschaftlich Anteil nimmt. Ich kann das Krumme nicht krumm sein lassen.“ Ja, Max Josef Metzger wird kein glatter Seliger. Er war und ist nicht pflegeleicht. Deshalb brauchen wir ihn – gerade heute. 

Interview: jm

11.04.2024 - Märtyrer , NS-Zeit , Seligsprechung