Tag 1: Die Pilger fliegen und tanzen

„Das ist der Papst!“ – „Ein Applaus für den Papst!“

„Ah, da kommt schon ein Flieger.“ Einer der beiden Moderatoren von der Jugend 2000 staunt selbst, wie schnell er mit seiner Ankündigung recht behalten sollte. Der Platz vor der Universität von Lissabon, auf dem an diesem Vormittag die Katechese für rund 4000 Weltjugendtags-Pilger aus mehreren deutschsprachigen Diözesen stattfindet, liegt – wie ein Großteil der Innenstadt – in der Einflugschneise des Flughafens. Alle drei bis fünf Minuten donnert in ein paar hundert Metern Höhe ein Flugzeug über die Köpfe der Jugendlichen hinwegt. Die laute Störung wollten die Moderatoren zum Spaßfaktor ummünzen. Jedesmal dann sollen die jungen Leute ihre Arme seitlich ausfahren und sich wie ein Segelflieger in die Kurve legen.  

Nun also, der Hinweis ist keine fünf Minuten vorbei, richten sich alle Blicke auf einen von vorn bis hinten blauen Airbus im Landeanflug auf Lissabon. Der wird eskortiert von einem Militärjet. „Das ist der Papst!“, realisiert der Moderator im nächsten Augenblick. „Ein Applaus für den Papst!“ Dem Aufruf folgt der Platz mit Begeisterung.

Versammlung zum "Rise up"

Neben Pilgern aus den (Erz-)Diözesen Hamburg, Hildesheim, Speyer, Freiburg, Regensburg und aus Österreich hat sich an diesem Tag auch die Gruppe aus dem Bistum Augsburg zum „Rise up“ versammelt. So nennt man das Katechesenprogramm beim Weltjugendtag, bei dem an drei aufeinanderfolgenden Tagen unter anderem das geistliche Motto des Treffens vertieft und zusammen gebetet, gesungen und Messe gefeiert wird. Für die Musik sorgt die Band der Jugend 2000, der es mit ihren flotten Liedern mühelos gelingt, die jungen Leute zum Tanzen zu bringen: „Manchmal, da kann ich nicht anders, da muss ich meine Beine bewegen, meine Hände zum Himmel heben“, singen die Musiker in einem Song, der von Freiheit und aufgestoßenen Kerkertüren handelt. Selbstverständlich machen fast alle die Bewegungen mit.

Für die gute Laune sorgt auch das Wetter. Es hält, es ist bewölkt, 25 Grad warm. Die Jugendlichen ächzen und schwitzen also heute nicht unter einer portugiesischen Sonne, die das Programm hätte deutlich anstrengender und schwieriger machen können. „Wenn es den ganzen Tag runterbrennt, das halten unsere deutschen Körper einfach nicht so aus“, weiß auch Maria Kröhn von der Jugend 2000, zu der alle Mascha sagen. Die 32-Jährige hat als Busleiterin eines Doppeldeckers 78 Personen unter ihren Fittichen. „Jemand ist mit einem Sonnenstich zu Hause in der Unterkunft“, berichtet sie. Um den Patienten kümmert sich ein eigenes medizinisches Team. Natürlich gebe es bei so einer Reise immer wieder Probleme. Zum Beispiel habe man ganz lang warten müssen, bis man in die Unterkunft durfte. „Aber bis jetzt kann man allgemein sagen, dass es echt gut läuft.“ 

Ursprünglich sollten sich die Augsburger in einer Kirche treffen, bevor die portugiesischen Organisatoren kurzfristig mehrere Großgruppen zusammenlegten. Auch die Techniker vom Radio, das für die Übertragung nach Hause sorgt, mussten sich in Windeseile auf die Open-Air-Veranstaltung umstellen. Nicht nur ein Bischof ist heute gekommen, Bischof Stefan Oster aus Passau, der auch die Katechese halten wird. Auch Augsburgs Bischof Bertram Meier ist da, um den Jugendlichen zu begegnen und mit ihnen Messe zu feiern. Ebenso sind rund 40 Priester an diesem Vormittag mit dabei. Während der Katechese hören einige von ihnen, etwas abseits am Rand des Platzes, immer wieder die Beichte.

Busleiterin Mascha führt auf der Bühne auch in das Thema der Katechese ein. Sie spricht über Maria, von der das Weltjugendtagsmotto handelt: „Maria stand auf und machte sich eilig auf den Weg" (Lk 1,39). Sie „hätte sich verkriechen können“, erklärt Mascha, als es um die Verkündigung an Maria geht. „Oder sie hätte rumerzählen können, wie sie auserwählt ist. Beides hat sie nicht gemacht, sondern ist zu Elisabeth aufgebrochen.“

Gott ein Stück näherkommen

Bischof Oster nennt den Jugendlichen dann in seiner Ansprache ein klares Ziel, worum es beim Weltjugendtag geht: „Wir wollen, dass du heimfährst und sagen kannst, ich bin Gott ein Stück nähergekommen.“ Alles andere bekomme durch die Begegnung mit ihm die eigentliche Qualität. Kurz nach elf beginnt die Messe. Der andächtigen Schar ist es anzumerken, dass es für sie nichts Ungewöhnliches ist, auch auf diese Weise Gott zu begegnen. 

Eher kritischen Stimmen muss sich Bischof Bertram am Nachmittag beim Youth Hearing stellen. Als Weltkirche-Bischof nimmt er an einem Podiumsgespräch teil, das der Bund der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) organisiert hat. Es geht um Klimagerechtigkeit und Kolonialismus. Der Bischof formuliert Forderungen an den „globalen Norden“, der verpflichtet sei, gegen den Klimawandel eine Transformation in Gang zu setzen. Und er macht sich für internationale Bemühungen stark, die eine globale Solidarität voraussetzten. Auch Schwellenländer dürfe man beim Streben nach größerer wirtschaftlicher Leistung nicht nur ausbremsen. Da gehöre eine „größere Weite“ dazu. Warum denn die „reiche Kirche“ nicht mehr für Klimagerechtigkeit tue, wollen Diskussionsteilnehmer aus dem Publikum wissen. Nach der Veranstaltung freuen sich im Park gegenüber dem Goethe-Institut Augsburger, ihren Bischof zu sehen. „Ber-tram Mei-er“, skandieren sie ihm zu und klatschen rhythmisch. Die Freude, sich hier zu treffen und im Glauben zu bestärken, beruht auf Gegenseitigkeit.

Ulrich Schwab

Hinweis:

In unserer Bildergalerie sehen Sie

- wie die Band der Jugend 2000 für die Musik sorgt.

- wie Bischof Oster darüber spricht, worum es beim Weltjugendtag geht.

- wie die Jugendlichen auf dem Platz die Bewegungen zur Musik begeistert mitmachen.

- Jugendliche beim Austausch über den gehörten Impuls.

- die andächtige Stimmung beim Gottesdienst...

- ... Und Bischof Bertram Meier, wie er junge Leute aus der Diözese Augsburg trifft.

Jede Menge weitere Informationen zum Weltjugendtag gibt es auf https://bistum-augsburg.de und https://www.katholisch1.tv!

03.08.2023 - Lissabon , Pilger , Weltjugendtag